3. Das Kreuz

Lasst uns sehen, wie der Weg unseres Wanderers weitergeht.

Der Weg zum Kreuz kommt den Wanderer wie eine Ewigkeit vor. Die Last auf seinem Rücken scheint immer schwerer zu werden. Der Wanderer denkt an all sein Versagen, all die Dinge, die er in seinem Sack mit sich schleppt. Ist es überhaupt möglich, dass ihm das weggenommen und vergeben werden kann? Er sieht all seine Schuld und seine Unzulänglichkeiten. Wie kann er vor einem vollkommenen und heiligen Gott bestehen? Er muss sich eingestehen, dass er nicht viel über Gott weiß. Ihm ist zu Ohren gekommen, dass dieser recht streng sein soll und die Sünde sehr ernst nimmt. Auf der anderen Seite hat er immer wieder gespürt, wie er zu Gott gezogen wurde. Und was hatte es mit diesem Angebot auf sich, dass er bei Gott seine Lasten loswerden könnte? All diese Gedanken verwirrten ihn. Diese Gedanken ließen seine Lasten immer schwerer werden. Er war kurz vor dem Aufgeben als er an einem Schild vorbei kommt, auf dem steht: „Every day is day one with God“. Das bedeutet sinngemäß, du kannst jeden Tag mit Gott neu anfangen.

Every Day is Day one with God

Dieser Spruch war der Ursprungsgedanke hinter dem Bild. Das Ziel war zu zeigen, dass es nie zu spät, zu Gott umzukehren, egal was man in seinem Leben getan hat. Selbst wenn wir schon länger mit Gott leben und ihn immer und immer wieder enttäuschen, gibt er uns nicht auf. Jeden Tag bekommen wir eine neue Chance, wieder vorn vorne mit ihm anzufangen.
Gott hat einen langen Atem mit uns. Er weiß, dass wir wie hilflose Kinder sind, die gerade laufen lernen. Ein Kind lernt nicht von heute auf morgen das Laufen. Bevor es sicher laufen kann, muss es viel trainieren. Dabei plumpst es ganz oft zu Boden. Am Anfang sind die Beine zu wackelig, dass sie das Gewicht des Kindes nicht tragen können. Trotzdem geben die Kinder nicht entmutigt auf. Ich zumindest kenne kein Kind, das sagt: „Ich werde nie laufen lernen! Am besten versuche ich es gar nicht erst!“ Nein, die Kinder machen sich darüber keine Gedanken, sondern sie probieren es immer wieder. Ich habe auch noch nie Eltern erlebt, die mit ihren Kindern schimpfen, wenn das Kind hinfällt und das vielleicht schon zum hundertsten Mal. Viel mehr helfen sie ihrem Kind, in dem sie es festhalten und zu einem neuen Versuch animieren. Genau so ist Gott. Er ist ein liebevoller, geduldiger Vater, der uns immer wieder Mut macht, aufzustehen, wenn wir gefallen sind. Wir sind oft schwach im Glauben und vielleicht entmutigt, weil wir schon so oft gefallen sind und Gott enttäuscht haben. Wir haben Angst wieder aufzustehen und es noch einmal zu probieren, weil wir Angst haben, dass wir wieder versagen könnten. Doch Gott ist es lieber, dass wir versagen als dass wir es gar nicht erst probieren. Wie ein Vater sein Kind zu einem erneuten Gehversuch animiert, so ermutigt uns Gott, aufzustehen, wenn wir am Boden liegen und mit seiner Hilfe voran zu gehen.

Das Kreuz

Unser Wanderer hatte diese Botschaft auf dem Schild verstanden. Ermutigt durch diese Botschaft erreicht er das Kreuz. Es ist von einem hellen Licht erleuchtet, dass aus der schmalen Pforte hervorleuchtet. In diesem Licht steckt Wärme und Hoffnung. Der Wanderer blickt zum Kreuz empor. Er erblickt einen Mann, der an das Kreuz genagelt wurde. Seine Hände und Füße sind von Nägeln durchgraben, seine Seite zerstochen und seine Stirn von der Dornenkrone zerrissen. Er scheint tot zu sein. Als der Wanderer das Gesicht das Mannes sieht, sieht er nicht das Gesicht eines harten Verbrechers. Nein, die Gesichtszüge sind weich und sanft. Der ganze Mann strahlt etwas friedliches aus. Doch warum musste er so einen schrecklichen Tod sterben?

Langsam dämmerte es ihn. Er hatte davon schon gehört. Er hatte die Geschichte gehört, dass Gott sein Liebstes gab, um die Menschheit, die er so sehr liebte, zu retten. Dort am Kreuz hing der Sohn Gottes höchstpersönlich! Der Wanderer kannte die Geschichte aus seinen Kindheitstagen. Er erinnerte sich, dass Jesus für die Sünden der Welt gestorben war. Doch „Sünde“ war für ihn ein abstrakter Begriff. Er wusste nicht so viel damit anzufangen. Aber als er diesen Mann am Kreuz betrachtete und über ihn nachdachte, kam ein Gedanke in ihm auf. Dieser Jesus hatte ihn immer wieder eingeladen, zu ihm zu kommen, um ihm seine Last abzunehmen. Auf einmal verstand er, dass all seine Lasten die Sünden waren, von denen Jesus ihn befreien konnte. In der Betrachtung des toten Erlösers verstand er auf einmal die Tragweite und die Konsequenzen seiner Sünden. Er verstand auch, warum der breite Weg zum Tod führte. Denn werden die Lasten nicht auf Jesus gelegt, wird man früher oder später an deren Konsequenzen sterben. Die Sünde führt zum ewigen Tod. Es gibt kein Entrinnen. Doch nun verstand der Wanderer, dass Jesus ihn von seinen Lasten befreien wollte. Das konnte er aber nur tun, weil er selbst die Sünden auf sich genommen hat und den Preis dafür gezahlt hat- er gab sein ewiges Leben, um das Leben eines Abtrünnigen zu retten. Die Erkenntnis wuchs im Herzen des Wanderers: Gott hatte seinen Platz eingenommen, den er eigentlich verdient hatte! Der Mann, der dort am Kreuz hing, das hätte er sein sollen! Stattdessen hing dort an seiner Stelle ein unschuldiger Mann, der ihn so sehr liebte, dass er bereit war seine Schuld auf sich zu nehmen. Langsam begriff der Wanderer die tiefe Liebe, die Gott für ihn empfand und welchen hohen Preis er bereit war, für seine Last zu zahlen.

Die Erlösung

Wie lange hatte er unter seiner Last gelitten? Wie lange hatte er versucht, sie selber loszuwerden? Wie konnte er nur so stur sein und das sanfte Ziehen Gottes so lange abweisen? Er begriff, dass er schon viel früher von seiner Last hätte befreit werden können. Aber sein Ego stand ihm lange im Weg.

Überwältigt von der Größe seiner Schuld, seiner Unwürdigkeit und seiner absoluten Hilflosigkeit bricht der Mann am Fuß des Kreuzes zusammen. Unter Tränen bekennt er all seine Vergehen, seine Sturheit und bekennt, dass er absolut unwürdig ist, Vergebung zu erfahren. Doch im Glauben klammert er sich an das Kreuz und beansprucht das kostbare Blut Jesu für sich und bittet Gott, dass er um des Namens seines Sohnes willen ihn von seinen Sünden reinigt. Lange ringt und kämpft er am Fuß des Kreuzes und klammert sich an die Verdienste Jesu. Doch irgendwann scheint ein Licht vom Himmel auf ihn. Mit diesem Licht kommt ein Friede in das Herz des Wanderers. Das erste Mal in seinem Leben spürt er eine tiefe Ruhe und Geborgenheit.

Er hört die sanfte Stimme Jesu sagen (Matthäus 11,28.-31):

„Kommt her zu mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen! Und ich werde euch Ruhe geben. Nehmt auf euch mein Joch, und lernt von mir! Denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig, und »ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen «; denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.“

Neues Leben

Der Wanderer richtet sich auf. Seinen schweren, schmutzigen Sack, der ihn so viele Jahre Qualen bereitet hat, stellt er an das Fuß des Kreuzes. Er ist frei von der Last seiner Sünden! Er ist wirklich frei! Er kann es nicht glauben und fällt wieder vor dem Kreuz nieder. Doch diesmal sind es Freudentränen, die sein Gesicht herunter strömen und Worte des Lobes und der Anbetung, die über seine Lippen kommen.

Der Wanderer erhält nun neue Kleider. Die alten, verschlissenen Kleider seiner eigenen Gerechtigkeit müssen den Kleidern der Gerechtigkeit Jesu weichen. Diese Kleider sind neu, sauber und das Hemd ist strahlend weiß. Es ist absolute Sündhaftigkeit und ein Ausdruck des reinen Charakters Gottes. Diese Kleider zeigen, dass dieser Mensch von Neuem geboren ist. Er lebt jetzt nicht länger sein eigenes Leben. Ab jetzt lebt er für Gott allein. Er hat ihm die Treue geschworen. Dafür erhält er Jesu Gerechtigkeit, die eine Garantie für das ewige Leben ist.

Nachdem Kleidertausch erhält der Wanderer Instruktionen für seinen weiteren Weg. Er wird gewarnt, dass dieser Weg nicht leicht sein wird. Es wird viele Gefahren und Schwierigkeiten geben. Aber Gott hat auch viele Segnungen auf dem Weg bereit gestellt. Er wird nicht nur düster und schwer sein. Gott verspricht ihm, dass er den ganzen Weg über an seiner Seite ist. Solange der Wanderer auf Jesus schauen würde, wäre er sicher. Sobald er allerdings auf die Umstände sehen würde, würde ihn der Mut verlassen und er würde fallen. Aber selbst wenn er mal fallen sollte, so ist Jesus stets nahe, um ihm wieder aufzuhelfen. Zusammen mit Jesus könnte er das Neue Jerusalem, seine wahre Heimat erreichen und in die ewige Ruhe eingehen.

Nach dem der Wanderer all dies und noch mehr gehört hatte, brach er zu seinem neuen Lebensweg auf. Ab jetzt hatte er ein Ziel im Leben. Er wollte, das Neue Jerusalem erreichen! Er hoffte, unterwegs viele Menschen zu treffen, denen er von seiner wunderbaren Erfahrung erzählen konnte. Sein Herz war voller Dankbarkeit und Freude als er sich auf den Weg machte. Auf dem Weg zur schmalen Pforte sang er Loblieder zur Ehre seines Erlösers.

Hier geht es zum nächsten Kapitel: „Die schmale Pforte“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert