19. Absolute Hingabe

Wie lange ist deine letzte Prüfung her?
Kannst du dich noch daran erinnern, wie du dich gefühlt hast?
Dieses Kribbeln im Bauch, schwitzige Hände.
Es überfällt einen eine merkwürdige Nervosität und Unruhe.
Manche leiden unter einem Blackout, obwohl sie sich gründlich auf die Prüfung vorbereitet haben.

So eine Prüfung ist nichts Schönes. Die Zeit davor und auch während der Prüfung ist alles andere als angenehm. Doch irgendwann ist sie vorbei und dann ist man einfach nur erleichtert und glücklich.

Natürlich spielt es dabei auch noch eine große Rolle, wie gut vorbereitet man in so eine Prüfung hineingeht. Man kann deutlich entspannter sein, wenn man sich gründlich darauf vorbereitet hat. Derjenige, der ohne Vorbereitung in eine Prüfung geht, der hat wirklich allen Grund zum Fürchten.

Doch dies trifft nicht auf unseren Wanderer zu. Er hat seine Ausbildung abgeschlossen. Seine Reise nähert sich dem Ende. Er weiß, dass eine letzte schwere Prüfung auf ihn zukommt. Doch er ist bestens darauf vorbereitet. Der Heilige Geist ruht auf ihm und wird ihn durch diese Prüfung führen. Dennoch klopft des Wanderers Herz als er seinen Weg fortsetzt.

Die Ernte ist reif

Als er dem Pfad folgt, sieht er zu seiner Rechten ein reifes Getreidefeld leicht im Wind wiegen. Auf einmal kommt vom Himmel her ein Engel geflogen. Er hält eine scharfe Sichel in der Hand. Erstaunt beobachtet der Wanderer wie der Engel beginnt, das Feld abzuernten. Freudige Erwartung mischt sich mit einem etwas mulmigen Gefühl als der Wanderer diese feierliche Szene beobachtet. Ihm ist bewusst, dass diese Ernte das Ende der Welt darstellt. Jetzt ist jeder Fall entweder zum ewigen Tod oder zum ewigen Leben entschieden. Gott hat bereits seine Engel los gesandt, um seine Kinder nach Hause zu holen.

Eine Dringlichkeit überkommt den Wanderer. Schnellen Schrittes folgt er dem Pfad. Doch dieser wird zunehmend schmaler. Jetzt wird dem Wanderer bewusst, dass der Pfad zu Beginn seiner Wanderung deutlich breiter und bequemer war. Im Verlauf wurde er schmaler und steiler. Doch jetzt verjüngt er sich viel schneller. Inzwischen war der Pfad nur noch so schmal, dass der Wanderer gerade so darauf gehen konnte.

Die weiße Wand und das weiße Seil

Zu seiner Rechten befindet sich eine hohe weiße reine Wand dessen Ende der Wanderer nicht erkennen kann. Auf der anderen Seite gähnt der tiefe Abgrund, der den Wanderer schon seit dem Pfad der Heiligung begleitet. Aus dem Abgrund dringt Musik wie von einer Party und Gelächter. Auf einmal überkommt den Wanderer eine große Angst, in diesen Abgrund zu stürzen. Er war dort unten gewesen. So schwarz wie dieser Abgrund ist, so schwarz war auch seine Seele- ohne Hoffnung und Freude. Doch jetzt hatte er in Jesus Licht, Freude und Frieden gefunden. Auch wenn dieser Weg schmerzhaft und entbehrlich ist, möchte er nichts anderes mehr auf dieser Welt. Entschlossen presst sich der Wanderer an die weiße Wand als er nun etwas langsamer seinen Weg auf dem immer schmaler werdenden Pfad fortsetzt.

Auf einmal wird von der weißen Wand ein weißes Seil heruntergelassen. Der Wanderer ergreift es sofort und zieht vorsichtig daran. Als es dem Ziehen stand hält, hängt er sich mit etwas mehr Gewicht daran. Auch diesem hält das Seil stand. Das Seil wurde als Hilfe für ihn heruntergelassen. Erleichtert nimmt der Wanderer diese Hilfe an.

Der Weg wird nun noch schmaler. Er ist nur noch eine Fußbreite breit. Vorsichtig setzt unser Pilger einen Fuß vor den anderen. Mit den Händen hält er sich an dem weißen Seil fest. Als er sich so höchst konzentriert fortbewegt wird der Pfad noch schmaler. Der Wanderer hat das Gefühl, dass seine Schuhe ihn stören. Die Schuhe sind zu breit für den Weg. So zieht er die Schuhe aus und geht in Socken weiter. Erstaunt stellt er fest, dass das Seil ihn begleitet. Je schmaler der Pfad wird, desto dicker und stabiler wird das Seil. Der Wanderer muss zunehmend mehr auf das Seil als seinen Halt vertrauen als seinen eigenen Füßen.

Als der Pfad noch schmaler wird, beginnt der Wanderer immer öfter mit seinen Füßen zu rutschen. Da gibt es nur eine Lösung! Die Socken müssen ausgezogen werden! Flink tut er dies. Nun geht es barfuß weiter über den rauen schmalen Pfad. Irgendwann wird dieser so schmal, dass der Wanderer nun nur noch auf den Zehen Halt findet. Umso weniger Halt er mit den Füßen hat, umso mehr hängt er sich in das Seil und drückt sich gegen die weiße Wand. Der Blick des Wanderer fällt auf jene weiße Wand. Dabei fallen ihm lauter rote Flecken auf. Es schmerzt den Wanderer diese schöne Wand so beschmutzt zu sehen. Er blickt auf die bereits zurückgelegte Strecke zurück. Auch dort sieht er diese roten Flecken. Manche waren heller und schimmerten wie nasse Farbe. Wie ein Blitz trifft die Erkenntnis den Wanderer. Das ist Blut, sein Blut, was diese schöne Wand besudelt! Als er auf den noch vor ihm liegenden Abschnitt schaut, sieht er ältere Blutflecken – und davon nicht gerade wenige. Dieser Anblick ermutigt ihn, denn er weiß, dass vor ihm andere diesen Weg gegangen sind. Wenn sie es schaffen konnten, dann wird er es auch schaffen!

Langsam mit all seiner Kraft gegen die Wand drückend und sich an das Seil hängend setzt der Wanderer seinen Weg fort. Dicke Schweißtropfen perlen von seiner Stirn. Seine schwitzigen Hände umklammern mit aller Kraft das weiße Seil. Sein Griff ist so fest, dass das Seil sich in die Hände bohrt. Auch die Füße und Ellenbogen sind inzwischen wund gescheuert. Doch all diese Schmerzen spürt der Wanderer kaum. Seine ganze Konzentration liegt darauf, ja auf dem Pfad zu bleiben und nicht in den schrecklichen Abgrund zu stürzen. Die fröhliche Musik und das Gelächter von dort unten scheinen den Wanderer zu verhöhnen. Doch unter die Fröhlichkeit gemischt kann der Wanderer auch Weinen und Seufzen der verzweifelten verlorenen Seelen hören. Auf gar keinen Fall darf er jetzt seinen Halt verlieren, dann wäre all seine Mühe des bisherigen Weges umsonst gewesen.

Zweifel vs. Vertrauen

Doch der Seelenfeind ist auch hier nicht fern. In dieser verzweifelten Situation flüstert er dem Wanderer entmutigende Gedanken ein. Er erinnert ihn an all sein Versagen. Er hätte es doch gar nicht verdient, in die himmlische Stadt zu kommen. Was würde er sich denn überhaupt einbilden? Er solle sich doch mal selbst ansehen? Was ist das für ein Gott, der so eine unmenschliche Prüfung seinen Pilgern zumutet? Er hängt hier an einem Abgrund nur an einem Seil von dem er nicht weiß, wer es überhaupt hält. Würde es reißen, dann würde der Absturz den sicheren Tod bedeuten. Wäre es nicht klüger umzukehren? Was erwartet ihn, wenn er weitergeht? Der Pfad würde enden und er würde nur noch an dem Seil hängen. Und was dann? Wie soll es weitergehen? Es gibt keine Hoffnung! Doch als wüsste Gott um die Gedanken seiner armen Pilger hatte er in weiser Voraussicht ein Schild an die Wand anbringen lassen. Darauf steht: „Beinahe zu Hause!“ Als der Wanderer das liest, erfüllt ihn neuer Mut. Ja, der Pfad würde enden, aber er würde im Neuen Jerusalem enden. Noch kann er nicht sehen, WIE er das himmlische Jerusalem erreichen könnte, aber er weiß, DASS er es mit Gottes Hilfe erreichen kann!

Fest entschlossen umklammert der Wanderer das inzwischen armdicke Seile mit seinen Armen und setzt langsam seinen Weg fort. Der Pfad wird jetzt so schmal, dass der Wanderer kaum noch seine Zehe absetzen kann. Langsam tastet er sich vorwärts, immer auf der Suche nach einem kleinen Felsvorsprung auf den er wenigstens eine Zehe absetzen könnte. Doch dann endet auf einmal der Pfad und die weiße Wand. Vor ihm ist alles schwarz und nebulös. Es ist nichts als der unendlich tiefe Abgrund zu sehen. Das einzige, was noch da ist, ist das weiße Seil. Das ist inzwischen dicker als ein Oberschenkel. Auf einmal hört der Wanderer eine leise Stimme. Es scheint so, als würde das Seil zu ihm sprechen: „Vertraue mir. Ich halte dich!“. Skeptisch betrachtet der Wanderer das Seil. Wo ist es fest gemacht? Wer hält es? Konnte er ihm wirklich sein Leben anvertrauen?

Auf einmal reißen die dunklen Wolken auf. Ein helles Licht erhellt die dunkle Nacht und scheint auf den Wanderer. Als dieser nach oben blickt, sieht er eine goldene Stadtmauer mit Toren, die wie Perlen glänzen. Die Augen des Wanderer weiten sich. Ist sie das? Ist das die himmlische Stadt? Das Ziel seiner Reise? Hatte er es wirklich geschafft? Sein Blick fällt wieder auf den Abgrund. Er scheint unendlich tief zu sein. Es ist kein Weg mehr zu erkennen. Wie würde er die Stadt erreichen können?

Absolute Hingabe

Der Herz pocht so sehr, dass der der Wanderer befürchtet, es würde ihm gleich aus der Brust hüpfen. Er hört das Blut in seinen Adern rauschen. Der Schweiß fließt in kleinen Rinnsalen den Rücken hinab. Wieder hört er die leise sanfte Stimme: „Vertraue mir! Ich halte dich!“ Der Wanderer betrachtet das Seil. Irgendwie scheint es noch dicker geworden zu sein. Dieses Seil ist seine einzige Hoffnung. Welche Alternative hat er? Er muss dem Seil jetzt vertrauen! Es hat ihn den langen Weg bis hier her geführt und würde ihn jetzt bestimmt nicht im Stich lassen!

Der Entschluss ist gefasst. Seine Füße lösen sich von dem Pfad und umschlingen das Seil. Er klammert sich mit jeder Faser seines Körpers an das Seil. Nichts in dieser Welt bietet ihm noch Halt. All seine Hoffnungen, sein Leben, alles hängt jetzt an diesem Seil. Und das Seil enttäuscht ihn nicht. Es trägt den Wanderer sicher über den Abgrund und zieht ihn hinauf in die Wolken, der himmlischen Stadt entgegen.

Die Anwendung

Hier an dieser Stelle unterbrechen wir die Erzählung, um ein wenig über die Bedeutung nachzudenken.
Die Szene wurde von Ellen G. White, eine der Mitbegründerinnen der Adventgemeinde, inspiriert. Sie beschreibt noch viel intensiver diesen letzten Abschnitt der Reise. Es kann hier nachgelesen werden.

Die Szene trägt den Titel „Absolute Hingabe“. Es bedeutet das vollständige Vertrauen in Gottes liebevolle Fürsorge. Oder andersrum gesagt: es bedeutet, dass wir aufhören, um uns selbst zu sorgen und die Kontrolle behalten zu wollen. Wir Menschen verlassen uns gerne auf unsere eigene Weisheit, auf andere Menschen, auf unser Geld und so viele andere Dinge. Im Endeffekt ist die einzige Lektion, die wir lernen müssen, Gott wirklich zu vertrauen. Wie schwer uns das fällt, sehen wir in der gesamten Pilgerreise des Wanderers. All die verschiedenen Erlebnisse dienten dazu zu lernen, nicht auf sich selbst zu vertrauen, sondern auf Gott.
In unserer heutigen Szene ist er zunehmend gezwungen, sich auf das unbekannte Seil zu verlassen. Bisher hatten ihn seine eigenen Füße den ganzen Weg getragen. Doch auf die kann er sich zum Schluss nicht mehr verlassen. Er muss sein ganzes Vertrauen in dieses Seil setzen, was eine vollständige Abgabe der Kontrolle beinhaltet. Doch Gott lässt ihn nicht im Dunkeln tappen. Er ermutigt den Wanderer, sein ganzes Vertrauen in ihn zu setzen und sendet Licht vom Himmel, um ihn zu ermutigen. Am Ende darf er sogar einen Blick in das himmlische Jerusalem werfen, damit er wirklich dieses gesamte Leben auf dieser Erde loslassen kann.

Der Prozess des Loslassens

Diesen Prozess muss jeder von uns durchlaufen. Wenn wir alt werden schwinden unsere Kräfte. Wir sind zunehmend mehr auf Hilfe angewiesen. Je älter man wird, desto mehr verliert man die Kontrolle über sein eigenes Leben. Ist man pflegebedürftig, bestimmen andere Personen über einen. Man ist von ihnen in allen Bereichen – Essen, Körperpflege, Aufstehen, Hinlegen- abhängig. Man kann nicht mehr einfach dorthin gehen, wohin man möchte. Das ist eine sehr große Herausforderung. Aber für Christen ist es die letzte Schule der Demut. Das Alter ist der Feinschliff des Charakters, bei dem der letzte Funken Stolz sterben muss. Beim Sterben muss man schließlich alles loslassen und sich Gott vollständig anvertrauen.

Doch nicht nur beim Altern müssen wir Gott völlig vertrauen lernen. Diese Lektion müssen wir schon in jungen Jahren lernen. In 1. Thessalonicher 4,13-18 lesen wir, dass nicht alle Menschen den Tod schmecken werden. Es wird einige geben, die noch leben, wenn Jesus in den Wolken des Himmels wiederkommt, um seine Kinder nach Hause zu holen.

Auch sie müssen sich voll dem Seil hingeben und ihm vertrauen. Vor Jesu Wiederkunft werden die Elemente und die Menschen toben. Es wird Erbeben und andere Katastrophen geben. Die Menschen möchten die Gläubigen töten. Diese haben bereits alles verloren – ihren Besitz, Arbeit, vielleicht sogar Freunde und Familie. Nun soll ihnen noch ihr Leben genommen werden. Doch viel größer ist die Sorge um ihre Seele. Werden sie bestehen, wenn sie Jesus begegnen? Sind all ihre Sünden bereinigt? Werden sie vor einem heiligen Gott bestehen können? Satan wird diesen Gläubigen ihre ganzen Sünden in den schillerndsten Farben aufzeigen. Sein Ziel ist es, ihnen die jegliche Hoffnung auf Erlösung zu nehmen und so ihr Vertrauen in Gott zu zerstören. Er hätte damit Erfolg, wenn es da auch nur eine einzige Sünde gäbe, die nicht bereut wurde. Doch die Gläubigen, die bei Jesu Wiederkunft leben werden, haben ihr Vertrauen vollständig auf das Seil gesetzt. Nichts hält sie mehr in dieser Welt. Auch wenn ihnen ihr häufiges Versagen deutlich vor Augen steht, wissen sie, dass es bei Gott vollständig bereinigt wurde und so verlieren Satans Anklagen ihre Wirkung.

Dieses Vertrauen müssen wir hier und jetzt trainieren. Die Zeichen der Zeit deuten darauf hin, dass Jesu Kommen vor der Tür steht. Wie viel Zeit uns noch auf dieser Erde bleibt, weiß keiner. Doch jetzt ist es an der Zeit, diese Welt mit all ihren verlockenden Dingen loszulassen und sich Gott ganz hinzugeben. Was hält dich noch in dieser Welt? Bringe diese Dinge im Gebet vor Gott und bitte ihn, dass er den Platz dieser Dinge in deinem Herzen ausfüllt, so dass du diese Dinge nicht mehr benötigst. Durch die Kraft des Heiligen Geistes, kann Gott dein Herz verändern und dich lehren, ihm alles zu übergeben und ihm völlig zu vertrauen. Möge Gott in uns allen sein wunderbares Werk vollenden!

18. Der Spätregen

Nach der kühlen und äußerst gefährlichen Schlucht,
die der Wanderer auf dem Pfad der Heiligung erklommen
hatte, kommt ihm jetzt die friedvolle Anhöhe wie ein Vorgeschmack
des Himmels vor. Wohltuend wärmt die Sonne die müden Glieder des Wanderers. Der süße Duft verschiedenster Blumen steigt dem Wanderer in die Nase. So eine Vielzahl und Schönheit an Blumen hat er noch nie gesehen! Das Gras wiegt gold und silbern glänzend leicht im Wind. Insekten und prächtige Schmetterlinge fliegen fröhlich von Blüte zu Blüte. Eine ganze Weile beobachtet der Wanderer das bunte Treiben auf dieser Wiese. Es lässt ihn über den Schöpfer staunen. Welche Liebe zum Detail, welche Fröhlichkeit und Kreativität stecken in diesem großen Wesen! Sehr bald würde er endlich vor ihm stehen und ihn noch so viel besser kennen lernen können!

Apropos! Es ist Zeit, den Weg fortzusetzen. Der Wanderer erinnert sich an die Worte Jesu, die er ihm auf dem Pfad der Heiligung mitgegeben hatte. Auf ihn wartet noch eine große letzte Prüfung. Diese Prüfung würde alles andere, was er bis jetzt erlebt hatte, weit in den Schatten stellen. Um hier bestehen zu können, erfordert es eine noch gründlichere Vorbereitung als je zuvor. Die kommende Prüfung war in gewisser Weise die Abschlussprüfung, um zu schauen, ob alle nötigen Qualifikationen für eine Bürgerschaft im Himmel angeeignet wurden.

Doch Gott weiß, dass diese Prüfung kein Mensch von sich aus bestehen kann. Das ist absolut unmöglich. Würde er seine Kraft nicht dazugeben, dann würde kein Mensch die Prüfung bestehen und alle würden auf ewig verloren gehen.

Dem Wanderer ist das mehr als bewusst. Auf seiner langen Reise hat er immer wieder aufs Neue Gottes Fürsorge und Treue erlebt. Er musste auch auf schmerzvolle Weise lernen, was es bedeutet, aus eigener Kraft durch die Trainingseinheiten gehen zu wollen. Beinahe hätte ihm das sogar mindestens zwei Mal das Leben gekostet (im Wald der Angst und auf dem Meer der Sorgen). Ihm ist völlig klar, dass er Gottes Beistand jetzt mehr denn je benötigte. Er erinnerte sich daran, wie er den Drachen nur aus Gottes Kraft besiegen konnte. Genau diese Kraftquelle möchte er nun erneut anzapfen.

Sorgfältige Herzensprüfung

Der Wanderer fällt auf seine Knie. Sein Gebet beginnt mit einem Rückblick auf seine Pilgerreise. Er bedankt sich bei Gott, dass er ihn durch sein Opfer von seiner schweren Last befreit und ihm das Bürgerrecht in der himmlischen Stadt ermöglicht hat. Er lobt Gott für die Hoffnung, die Liebe, die Kraft und den Frieden, den er durch seine Gegenwart erleben darf. Dankbar bringt er all die Gefahren und Freuden seines Weges vor Gott und preist dessen allmächtigen Arm, der ihn stets sicher geleitet hat. Danach bittet der Wanderer den Heiligen Geist, sein Herz auf Sünden zu durchforschen. Sorgfältig prüft er sein Herz, ob es noch irgendeine Schuld gibt, die noch nicht vor Gott bereinigt wäre. Traurig blickt er auf seine vielen Fehltritte und seinen Unglauben zurück. Wie oft hatte er an der Güte Gottes gezweifelt und sich dadurch unnötig Gefahren ausgesetzt oder seinen Weg erschwert!

Der Wanderer ist sich seiner Unzulänglichkeit und Unwürdigkeit bewusst. Er findet nichts in seinem Herzen, wofür er sich selber rühmen könnte. All die positiven Veränderungen in seinem Leben, alle Siege und Fortschritte hat Gott in ihm bewirkt. Tief in sich selbst sieht er nur Egoismus und Stolz. Unter Tränen bittet er Gott, sein Herz nach seiner Verheißung in Hesekiel 36,26+27 zu erneuern und ihn von all seinen Sünden zu reinigen:

„Und ich werde euch ein neues Herz geben und einen neuen Geist in euer Inneres geben; und ich werde das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben. Und ich werde meinen Geist in euer Inneres geben; und ich werde machen, dass ihr in meinen Ordnungen lebt und meine Rechtsbestimmungen bewahrt und tut.“

In seiner Ohnmacht klammert er sich an die göttliche Verheißung. Er vertraut auf das reinigende Blut Jesu und nimmt die Vergebung im Glauben an.

Ringen mit Gott

Doch er braucht noch mehr! Er benötigt die himmlische Kraft, um Gott treu zu bleiben. Zu den Tränen mischen sich Schweißperlen. Seine Hilflosigkeit übermannt ihn. Wie Jakob einst mit dem mysteriösen Fremden rang, so ringt auch jetzt der Wanderer mit Gott. Es geht um Leben und Tod. Es gibt nur diese beiden Möglichkeiten. Vor ihm steht nun der alles entscheidende Kampf. Würde er versagen, wäre er auf ewig von Gott getrennt. Würde er siegen, dann erhält er den Zutritt zum himmlischen Jerusalem und damit das ewige Leben. Der Wanderer möchte keinen weiteren Schritt ohne die Gewissheit der Nähe Gottes tun. Hilflos hält er sich an seinem Gott fest und ruft mit Jakob aus: „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn!“ Mit diesem Gebet vertraut der Wanderer sein irdisches und sein ewiges Leben ganz Gott an. Alle seine Sünden sind ihm vergeben. Er hat den Prozess der Heiligung abgeschlossen. Obwohl es ihm nicht bewusst ist, ist sein Leben ein Abbild seines himmlischen Vaters. Doch wie sein großes Vorbild, Jesus, sagte, dass er nichts aus sich selbst tue, sondern Gott seine Werke durch ihn tue, so lässt der Wanderer Gott seine Werke durch ihn bewirken. Sein Ego und der Drang nach Selbstdarstellung ist nun vollständig verschwunden. Alles, wonach sich der Wanderer sehnt, ist es, seinen Gott zu ehren und seinen Namen groß zu machen. Und wenn es selbst sein Leben kosten würde, so wäre er bereit, dankbar diesen Preis zu zahlen.

So besiegt der Wanderer nun Gott. Im vollen Bewusstsein seiner eigenen Unwürdigkeit hat er sich vollständig auf die Treue seines Gottes verlassen. Seine Bitte um besondere Kraft wurde erhört.

Die Erfüllung mit dem Heiligen Geist

Als der Wanderer noch kniet und betet, öffnet sich auf einmal der Himmel über ihn. Licht vom Thronsaal Gottes umgibt den Wanderer. Wie einst Stephanus, als er von seinem eigenen Volk gesteinigt wurde, sieht er den Thron Gottes. Er sieht, wie Jesus, sein Stellvertreter vor Gott steht und für ihn eintritt. Tiefer Friede kehrt ein als die Gewissheit des Friedens mit Gott sein Herz erfüllt. Nichts steht mehr zwischen ihm und Gott. Keine Sünde, kein Stolz steht mehr zwischen ihm und der Gemeinschaft mit der Quelle ewiger Freude!

In diesem Moment kommt eine weiße Taube vom Thron Gottes geflogen. Es ist der Heilige Geist, den Jesus als Beistand sendet, um den Wanderer durch die letzte Prüfung zu führen.

Der Heilige Geist war die ganze Zeit schon der stille Begleiter auf dem gesamten Weg gewesen. Er war es, der dem Wanderer den Mut und Kraft gab, voran zu gehen. Nur durch den Heiligen Geist hatte er es bis hierher geschafft. Die erste Ausgießung des Heiligen Geistes, den Frühregen, erhielt der Wanderer als er durch die schmale Pforte ging. Dies war die Taufe, durch die der Heilige Geist die Führung im Herzen eines Menschen übernimmt. Doch der Heilige Geist kann nur so viel im Herzen eines Menschen wirken, wie er dafür die Erlaubnis bekommt. Der Mensch entscheidet selbst, wie viel Raum er ihm gibt. Auch hier geht es wieder um das Vertrauen. Am Anfang des Glaubenslebens muss das Vertrauen in Gott erst gelernt werden. Je mehr ein Mensch Gott vertrauen lernt, desto mehr Kontrolle übergibt er ihm in seinem Leben. Doch wir Menschen neigen gern dazu, die Kontrolle selbst zu behalten. Deswegen ist so eine lange Pilgerreise nötig, um Gott immer mehr vertrauen zu lernen. Am Ende des Weges muss jeder gelernt haben, was es bedeutet, Gott ganz zu vertrauen und sich ihm vollständig auszuliefern. Wer sein Vertrauen 100% in Gott setzt, kann auch zu 100% vom Heiligen Geist erfüllt sein. So ein Mensch wird den Spätregen empfangen.

Der Spätregen

Der Spätregen hat mehrere Aufgaben. Hier in unserer Geschichte liegt der Hauptfokus auf der Vorbereitung auf die letzte Prüfung, die in der Bibel auch als „die Zeit der Angst in Jakob“ bezeichnet wird. Aber auf dem Bild ist auch ein reifes Getreidefeld zu sehen. Im alten Orient fiel der Frühregen im Frühjahr. Dadurch konnte die gesäte Saat aufgehen. So erhalten wir den Heiligen Geist bei der Taufe, damit Gottes Wort in uns lebendig wird und Frucht zum ewigen Leben hervorbringt. Im Herbst fiel dann der Spätregen. Er sorgte dafür, dass die Ernte ausreifte und eingeholt werden konnte. So dient der geistliche Spätregen dazu, die Ernte der Welt ausreifen zu lassen. Gottes Wirken wird noch einmal sehr deutlich in der Welt zu sehen sein. Jeder Mensch wird Gott richtig erkennen können. Mit diesem Wissen über Gottes wahres Wesen kann und muss er eine Entscheidung treffen, auf welcher Seite er im großen Kampf stehen möchte. Auf der Seite des Lammes oder des Drachens!

Damit jeder Mensch auch wirklich diese Wahl hat, müssen die Nachfolger Jesu, vollständig mit dem Heiligen Geist erfüllt sein, damit Gott mächtig durch sie wirken kann und sie mit Vollmacht die letzte Warnung einer untergehenden Welt verkündigen können. Das heißt im Umkehrschluss, dass die Menschen heute so wenig über den wahren Gott wissen, liegt daran, dass sein bekennendes Volk ihn zu wenig in ihren Herzen hat. Sie folgen lieber ihren eigenen Wünschen und geben dem Heiligen Geist nur einen begrenzten Raum zum Wirken. Aber Gott möchte das ganze Herz! Erst wenn wir, wie der Wanderer lernen, dass Gott jedes Bedürfnis in uns stillen kann und wir uns ihm ganz ausliefern, dann kann Gott anfangen mächtig zu wirken.

Wer hat die Kontrolle über dein Leben?

Die Ursache unserer Unzufriedenheit, Sorgen, Probleme und Nöte liegt daran, dass wir selbst die Kontrolle behalten wollen. Wir versuchen das zu tun, was Gott eigentlich für uns tun möchte. Warum fällt es uns nur so schwer, Gott alles hinzugeben? Vielleicht haben wir Angst, dass Gott uns etwas, was wir lieben, wegnimmt. Aber warum nimmt er es uns weg? Nicht weil er uns ärgern möchte, sondern weil er weiß, dass er etwas besseres für uns hat. Hier kommt wieder unser Gottesbild ins Spiel. Wenn wir wirklich von ganzem Herzen glauben würden, dass es Gott gut mit uns meint, dann würden wir nicht zögern, ihm auch das Liebste zu geben. Doch indem wir selbst die Kontrolle behalten wollen, stellen wir Gott als lieblos und kaltherzig dar. Aber wie wir bereits gesehen haben, ist Vertrauen ein Prozess, den wir lernen dürfen. Gott geht sehr geduldig mit uns mit. Wenn wir Fehler machen, schimpft er nicht mit uns. Wie ein liebevoller Vater, der seinem kleinen Baby hilft, laufen zu lernen, stellt er uns immer wieder auf die Füße, wenn wir fallen. Wenn wir wegen unserer Schwachheit weinen, nimmt er uns in seine liebevollen Arme und tröstet uns. Er macht uns Mut, es noch einmal zu probieren. Auch wenn wir oft fallen, wenn wir immer wieder aufstehen, kommt doch irgendwann der Sieg!

Damit wir schneller voran kommen, ist uns der Heilige Geist als Helfer gesandt. Er tröstet, gibt Mut und Kraft und sichert uns die ewige Treue Gottes zu. Wir müssen seiner Führung nur vertrauen und mutig voran gehen. Dann werden wir, wie der Wanderer, den Punkt erreichen, an dem unser eigenes Ego vollständig gestorben ist und Gott uns durch seinen Geist vollkommen ausfüllt. Dann sind auch wir bereit, die letzte Prüfung zu bestehen!

Also gib nicht auf, die Heimat des ewigen Friedens ist nahe! Halte deinen Blick fest auf dieses Ziel gerichtet! Schau auf die unendliche Liebe unseres Gottes, der alles für dich gegeben hat! Bald wird er kommen, um die zu sich zu holen, in denen er sich vollständig widergespiegelt sehen kann! Gott hat versprochen, das in dir zu bewirken! Vertraue seinem Versprechen und du wirst es erleben, wenn du darum im Glauben bittest!

Hier geht es zur letzten Prüfung auf der Reise des Wanderers!

17. Der Pfad der Heiligung

Es herrscht Stille.
Kein Zwitschern von Vögeln ist zu hören.
Man hört nur das leise Summen des Windes, wenn er sich in den rauen Felskanten verfängt. Als der Wanderer sich umsieht, sieht er zu seiner Rechten eine hohe, massive Felswand, deren Ende er nicht erkennen kann. Zu seiner Linken klafft ein endloser, dunkler Abgrund. Er ist so schwarz, dass man seine Tiefe nicht erahnen kann. Nebelschwaden steigen aus dem Abgrund empor und lassen eine nahezu gespenstige Stimmung aufkommen. Entlang der schroffen Felswand ist ein schmaler Pfad eingehauen, der steil nach oben führt. Die Treppe ist so schmal, dass nur eine Person entlang gehen kann. Zur linken Seite befindet sich kein Geländer. Wer also ausrutscht oder sein Gleichgewicht verliert, fällt in die unendliche schwarze Tiefe.

Doch all dies beunruhigt den Wanderer in keinster Weise. Soeben hatte er mit Gottes Hilfe den Drachen besiegt. Was konnte jetzt noch schlimmeres auf ihn zukommen?

Was ist eigentlich Heiligung?

Mutig und festen Schrittes setzt er seinen Weg fort. Ein Wegweiser lässt ihn wissen, wo er sich aktuell befindet. Vor ihm liegt der schmale Pfad der Heiligung. Der Wanderer denkt ein wenig über das Wort „Heiligung“ nach. Er hat schon einmal von „Heiligen“ gehört. Das sind aber keine frommen Menschen, die irgendwelche Wunder bewirken und bei Gott eine besondere Stellung innehabe. Nein, laut seiner Bibel sind Heilige all jene, die Jesus nachfolgen. Dies bedeutet, dem Vorbild Jesu nachzueifern und sich vom Heiligen Geist den Charakter verändern zu lassen. „Heiligung“ muss also der Prozess sein, indem das eigene unvollkommene Wesen in das vollkommene Abbild Gottes verwandelt wird. Gott hat den Menschen in seinem Bilde geschaffen. Die Sünde hat dieses wunderschöne Bild in dem Menschen zerstört. Gott möchte es wieder in jedem Menschen herstellen. D.h. er möchte das Ego, den Stolz, Neid, Hass, Bitterkeit, Sorgen, Ängste, schlechte Gewohnheiten und Süchte aus dem Leben der Menschen entfernen. Stattdessen möchte er seine Wesensmerkmale einsetzen. Diese sind die Früchte des Geistes, die wir in Galater 5,22+23a: „Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit.“

Diese Veränderung möchte der Heilige Geist in jedem Menschen bewirken. Niemand kann sein Herz wirklich von Grund auf ändern. Wir können äußerlich ein paar schlechte Gewohnheiten ablegen und uns ein gutes Benehmen aneignen. Doch das Herz bleibt verdorben. Das kann nur Gott erneuern. Bei der Heiligung geht es nicht um eine Veränderung der Gewohnheiten, sondern um eine Veränderung des Herzens.

Auf und Ab

Hochmotiviert erklimmt der Wanderer die ersten unebenen Felsstufen des Pfades der Heiligung. Er möchte nichts sehnlicher als seinem geliebten Jesus noch ähnlicher zu werden. Ja, dieser Weg erfordert einige Anstrengung und Selbstverleugnung. Doch der Wanderer ist sich sicher, dass er es mit Gottes Hilfe schaffen kann. Der Pfad führt ihn steil nach oben. Er drängt sich dicht an die Felswand, um nicht in den Abgrund der Sünde abzurutschen. Er weiß, dass ein kleiner Fehltritt ihm das Leben kosten könnte.

Doch auf einmal geschieht etwas merkwürdiges. Der Pfad sollte immer steil nach oben führen. Aber jetzt macht er genau das Gegenteil: er nach unten ab – es geht bergab. Nach einer Weile geht es wieder steil bergauf. Doch es dauert nicht lange, dann geht es wieder umso steiler bergab in ein dunkles Tief. Dies wiederholt sich noch einige Male.

Nach einer Weile ist der Wanderer frustriert. Zu Beginn hatte der Pfad gar nicht so lang ausgesehen, doch jetzt fühlt er sich endlos an. Dieses ständige bergab und das darauffolgende bergauf kostet unglaublich viel Kraft und Zeit.

Der Wanderer beginnt darüber nachzudenken. Sein Wunsch und sein Ziel ist die Stadt im Himmel zu erreichen. D.h. sein Weg muss nach oben, in Richtung Himmel, führen. Unten, im Abgrund der Sünde, war er vor Beginn seiner Reise gewesen. Viele Jahre war er dort gefangen gewesen. Auf seiner Pilgerreise hatte er bereits viele Höhenmeter zurückgelegt, denn der Abgrund der Sünde scheint weit unter sich zu liegen. Dorthin wollte er keinesfalls zurück! Aber warum geschah es immer wieder, dass der Weg ihn ein Stückchen in diese Richtung führte?

Während er sich wieder langsam den schmalen Pfad hinauf kämpft, denkt er ein wenig über die Bedeutung des Aufs und Abs nach. Bergauf bedeutet, dass er richtig unterwegs ist. Bergauf führt ihm seinen Ziel, dem himmlischen Jerusalem, immer näher. Um ein Anrecht auf das Bürgerrecht in der himmlischen Stadt zu haben, muss der Charakter dem Charakter des Gesetztes der himmlischen Regierung entsprechen. Nur wer während seiner Pilgerreise sich diesen Charakter aneignet, dem wird der Zutritt in die himmlische Stadt gewährt. Der Pfad der Heiligung dient dazu, diesen Charakter zu entwickeln.

Der Weg ist schmal und steil. Es erfordert beständiges Wachen und Beten, dass man nicht hinunterfällt und wieder im alten sündigen Leben und damit im ewigen Tod landet. Man muss sich zudem nahe an der Felswand halten, welche einem Halt und Schutz bietet. Dieser Fels ist Jesus. Wer in seiner Nähe bleibt und sich an ihn klammert, wird voran kommen.

Doch leider ist keines Christen Weg eine gerade Linie nach oben. Das sündige Herz lässt sich nicht so schnell verändern. Da wir alle in einer kaputten Welt aufgewachsen sind, haben wir nicht gelernt, was es bedeutet zu vertrauen. Besonders Gott vertrauen wir am wenigsten. Wie schnell zweifeln wir an seiner Liebe für uns und dass er für jedes Problem schon längst eine Lösung parat hat. So passiert es, dass man alte Gewohnheiten aus dem alten Leben nicht so schnell aufgeben kann bzw. man immer wieder rückfällig wird. Immer wieder stolpert man über seinen eigenen Stolz oder sein kaltes Herz. Immer wieder verletzt man geliebte Menschen mit einem ungeduldigen Wort. Man tut all dies und mehr, obwohl man es eigentlich gar nicht will. Man möchte ganz bei Gott sein, ihm alles übergeben. Jeden Morgen bittet man im Gebet darum, doch irgendwann im Laufe des Tages kommt wieder eine Situation in der man versagt. Wieder einmal konnte man sich beim Essen nicht beherrschen, wieder hat man sich beim Autofahren über die anderen Verkehrsteilnehmer aufgeregt. Wieder wurde man von einer anstrengenden Person genervt. Von einer anderen Person wurde man verletzend behandelt oder nicht gewürdigt. Wieder einmal hat man sich aufgeopfert und was ist der Dank? Schon wieder ist einem ein falsches Wort heraus gerutscht, obwohl man es nicht wollte.

Das kann manchmal sehr frustrierend sein. Immer und immer wieder bringt man seine Schwachpunkte vor Gott und immer wieder versagt man.

Meine eigene Erfahrung

So erging es mir viele Jahre. Zu Beginn meines Glaubenslebens hatte ich das Konzept der Rechtfertigung und Heiligung noch nicht verstanden. Mir war es sehr wichtig, mich taufen zulassen, denn meine Hoffnung war, dass nach der Taufe all diese sündigen Gewohnheiten und Sehnsüchte in meinem Herzen verschwunden wären. Doch das war leider nicht der Fall. Nach meiner Taufe kämpfte ich genauso gegen die Esslust, gegen okkulte Filme und Musik wie davor. Ich fragte mich, was sich überhaupt geändert hatte? Nach einer Weile wurde ich immer frustrierter. Ich flehte Gott unter Tränen an, mich von diesen Dingen frei zumachen. Aber es geschah nichts. Langsam begann ich mich zu fragen, ob Gott nicht stark genug sei, mir zu helfen. Oder war mein Glaube nicht stark genug? Meine Verzweiflung wuchs zunehmend. Ich kam an den Punkt, an dem ich zu Gott sagte: „Entweder du hilfst mir jetzt oder ich werde meinen Glauben wieder aufgeben!“

Kurz bevor ich verzweifelt aufgab, schickte Gott mich auf die Josia-Missionsschule im Allgäu. Ich wollte dort nicht hin. Aber da ich so verzweifelt war, bewarb ich mich im letzten Moment und wurde genommen. Dort lernte ich einen ganz anderen Gott kennen. Ich lernte, was Rechtfertigung bedeutet. Bis dahin glaubte ich, dass wenn ich sündigte, ich wieder komplett verloren sei und ganz von vorne anfangen müsste. In unserem Bild gesprochen hatte ich es so verstanden, dass ich bei jeder sündigen Tat in den dunklen Abgrund der Sünde zurückfallen würde und wieder den ganzen Weg von vorne beginnen müsste. So kam man natürlich nie wirklich vorwärts. Auf der Missionsschule verstand ich, dass ich durch die Rechtfertigung in Gottes Augen von der Sünde befreit war. Meine Schuld war mir vergeben und Gott hatte mir das ewige Leben geschenkt. Ich war gerettet. In den dunklen Abgrund der Sünde konnte ich nur zurückfallen, wenn ich mich vollständig von Gott abwenden würde.

Von der Ursache und den Symptomen

Trotzdem tauchen immer wieder Sünden im Leben auf. Es war für mich ein langer Prozess zu verstehen, dass diese Sünden nur die Symptome einer viel tiefer liegenden Krankheit sind. Es bringt also gar nichts, die Symptome zu bekämpfen, wenn die Ursache nicht gelöst wird. Ganz im Gegenteil: Je mehr man die Symptome bekämpft, um so hartnäckiger werden sie. Erst vor Kurzem begriff ich, dass unser Herz von der Sünde gebrochen ist. Jeder von uns hat diese schwarzen Flecken im Herzen, die durch diese böse Welt verursacht worden. Oft gerade von unserer eigenen Familie. Diese schwarzen Flecken versuchen wir mit allen möglichen Dingen selbst zu heilen. Das kann die Suche nach Liebe, gutes Essen, Geld, Musik, Filme und vieles mehr sein. Doch wir können die Wunden unseres Herzens damit nicht heilen. Leider passiert oft das Gegenteil. Je mehr wir diesen Dingen nachjagen, umso größer werden diese Wunden im Herzen. Selbst wenn wir uns entschieden haben, mit Jesus unseren Weg zu gehen und ihm die Führung unseres Lebens anvertrauen, nimmt er nicht sofort alle Sünden weg. Von sehr schädlichen Sünden wie Süchten macht er sofort frei. Aber viele andere Dinge lässt er noch in unserem Herzen, damit wir daran wachsen können. Hier beginnt der Prozess der Heiligung. In Gottes Augen sind wir bereits gerecht und vollkommen, weil Jesus unsere Stelle einnimmt. Gott akzeptiert seine Gerechtigkeit als die unsrige. Das ist das unglaubliche Geschenk, das wir von Gott erhalten. Doch wie bereits erwähnt, möchte Gott seinen Charakter in uns wiederherstellen. Er weiß, dass nur sein Leben und Wesen in uns wahres Glück und Frieden bringen kann. So beginnt er Stück für Stück unser sündiges Herz zu heilen. Um auf dem Pfad der Heiligung wirklich voran zukommen, müssen wir uns täglich mit dem Heiligen Geist erfüllen lassen. Unser Leben muss vollständig Gott geweiht und übergeben werden. Dazu gehört eine intensive Zeit des Gebets, in dem wir unsere Herzen prüfen, von Gott reinigen lassen und uns ihm hingeben sowie Zeit im Wort Gottes. Durch das Bibelstudium lernen wir Gott noch besser kennen. Dadurch erkennen wir unsere eigene Unvollkommenheit. Die Bibel wirkt wie ein Spiegel, der uns unsere Flecken aufzeigt. Das kann oft entmutigend sein.

Der innere Drache

Lasst uns an dieser Stelle noch einmal kurz zu unserem Wanderer zurückkehren: Voller Siegesgewissheit hatte er die Höhle des Drachens hinter sich gelassen und begonnen den Pfad der Heiligung zu beschreiten. Doch er musste eine schreckliche Feststellung machen! Obwohl er jetzt schon so lange mit Gott unterwegs war, fiel er immer wieder in alte Gewohnheiten zurück von denen er dachte, er habe sie schon längst hinter sich gelassen. Beim Drachen konnte er der Esslust in Form eines Schweinsbratens widerstehen. Doch als es darum ging, nicht zu viel vom Guten zu genießen, versagte er. Immer wieder konnte er beim köstlichen Potluck in der Gemeinde all dem guten Essen nicht widerstehen und aß zu viel an Menge und alles durcheinander. Die Folge war Unwohlsein und überreizte Nerven. Dies schwächte ihn in seinem Dienst für Gott. Es gab noch so viele andere Dinge, bei denen der Wanderer immer wieder versagte. Langsam dämmerte es ihm: Der Kampf mit Drachen in der Höhle war nichts im Vergleich mit dem Kampf gegen seinen inneren Drachen.


Der Drache in ihm ist noch immer sehr lebendig und stets bereit, für seine Rechte zu kämpfen, seine Bedürfnisse zu befriedigen und den eigenen Vorteil zu suchen. Traurig erkennt der Wanderer, dass er selbst der Drache ist! Dabei möchte er doch so gerne wie das Lamm sein, dem er nachfolgt. Traurig und tief verzweifelt fällt er auf seine Knie und weint bitterlich über sein von Sünde beflecktes Herz. Alles, was er sehen kann, ist ein unvollkommenes, fehlerhaftes Wesen, was mehr Schaden anrichtet als Segen. Entmutigung macht sich in ihm breit. Wie kann er jemals für die Gemeinschaft mit himmlischen Wesen bereit sein, geschweige denn für einen heiligen Gott, der die Sünde verabscheut?

Auf einmal dringt eine leise, sanfte, wohlvertraute Stimme an das Ohr des Wanderer, die sagt: „Schau auf mich, nicht auf deine Sünden!“ Oder wie es meine Lieblingsautorin Ellen G. White ausdrückt: „Wenn ich auf mich selbst schaue, dann frage ich mich, wie ich gerettet werden kann. Wenn ich aber auf Jesus schaue, dann frage ich mich, wie ich verloren gehen kann.“
Oh, wunderbare Liebe! In Jesus ist die Hoffnung für jeden entmutigten Pilger!

Der Wanderer blickt auf und sieht auf der Treppe seinen Erlöser sich zu ihm herunterbeugen. Sein Arm ist dem Wanderer entgegen gestreckt. Mit zitternder Hand ergreift er die starke Hand seines Erlösers. Dabei sieht er die Nägelmale. Diese erinnern den Wanderer an den hohen Preis, den Jesus für ihn höchstpersönlich gezahlt hatte. Er erkennt, dass Gott alles ihm mögliche getan hat, um ihn zu retten. Alles, was der Wanderer tun muss, ist dieser unendlichen Liebe zu vertrauen und sich ihm ganz hinzugeben. Jesus stellt den Wanderer wieder auf seine Füße. Sofort durchströmt diesen neue Kraft und Mut. Jesus spricht zu ihm: „Sei nicht entmutigt, wenn du auf diesem Pfad immer wieder versagst. Der Pfad dient dazu, dir die Dinge in deinem Herzen aufzuzeigen, die ich noch verändern und heilen möchte. Es gibt noch einige Löcher, die du versuchst mit irdischen Dingen zu stopfen. Du weißt schon selber, dass diese Dinge dir schaden, aber du hast noch nicht gelernt, mir zu vertrauen, dass ich diese Bedürfnisse viel besser stillen kann. Werde deswegen nicht mutlos, wenn du erkennst, dass deine Liebe und dein Vertrauen so unvollkommen ist. Du bist auf diesem Pfad, um das zu trainieren. Ich weiß nicht, ob es dir aufgefallen ist, aber obwohl du immer wieder etwas nach unten gegangen bist, ging dein Weg doch konstant bergauf. Es waren immer mindestens drei Schritte nach oben und nur maximal zwei nach unten. Also ging es insgesamt immer einen Schritt vorwärts. Die Verwandlung vom Drachen in ein Lamm geschieht nicht über Nacht. Das ist ein langer, schmerzhafter Prozess. Doch der Fokus ist entscheidend! Wenn du mehr auf den Drachen in dir schaust und dich darüber ärgerst, gewinnt er an Macht und wird stärker. So wirst du ihn nie überwinden. Wenn du stattdessen auf mich schaust, wirst du ganz automatisch in das Lamm verwandelt. Denn du wirst den Dingen ähnlicher mit denen du dich beschäftigst. Also halte den Blick fest auf mich gerichtet, stütze dich auf den mächtigen Felsen! Geh im Glauben voran, auch wenn alles dagegen spricht! Handle so, als würde der Sieg dir gehören, auch wenn die Gefühle etwas anderes sagen! Dann wird der Drache in dir besiegt werden!“

Das Ende des Pfades ist in Sicht!

So setzen die beiden den Weg fort. Der Wanderer klammert sich fest an Jesus, hält seinen Blick fest auf ihn gerichtet. Selbst so passiert es, dass der Weg ihn abermals ein Stück nach unten führt. Aber jetzt lässt sich der Wanderer nicht mehr von seinen Schwächen entmutigen. Vielmehr treibt ihn seine Schwachheit noch näher zu Jesus. Ohne dass er es selber merkt, macht er schnelle Fortschritte auf dem Pfad der Heiligung. Immer mehr sündige Flecken verschwinden von seinem Herzen und sein Charakter wird dem seines Herren immer ähnlicher.

Auf einmal kommen die beiden an einen Wegweiser, der zum himmlischen Jerusalem weist. Beim Anblick dieses Schildes macht des Herz des Wanderers einen Freudensprung. Das Ziel seiner langen Reise scheint nicht mehr all zu weit zu sein! Jesus lächelt ihm ermutigend zu: „Ja, du hast es bald geschafft! Nun ist es nicht mehr weit, bis du zur ewigen Ruhe eingehen kannst. Doch eine letzte Prüfung steht noch an. Auf all den Herausforderungen deines bisherigen Weges wurde dein Vertrauen in mich auf die Probe gestellt und trainiert. Du hast sehr viel gelernt. Jetzt kommt die Zeit für die letzte Trainingseinheit. Nun heißt es auch die letzten irdischen Dinge, auf die du dich verlassen hast, loszulassen und dein ganzes Vertrauen auf mich allein zu setzen. Aber keine Sorge! Ich lass dich nicht allein durch diese Prüfung gehen. Du wirst durch den Heiligen Geist ganz besondere Kraft erhalten. Er wird dir helfen, alles in dieser Welt loszulassen – selbst dein Leben. Bestehst du diese Prüfung, wirst du das gewinnen, was du nie mehr verlieren kannst!“

Mit einem ermutigenden Lächeln entschwindet Jesus den Blicken des Wanderers. Dieser erklimmt die letzten Stufen auf dem Pfad der Heiligung während er über die Bedeutung der Worte nachdenkt.

Hier geht es zur Fortsetzung der Geschichte! 

Der Anker der Hoffnung

(Hinweis: Dieser Beitrag unterbricht kurz meine Erklärung
vom breiten und schmalen Weg)

Hoffnung!

Gerade in Zeiten wie diesen, in denen die Welt scheinbar aus den Fugen
gerät, brauchen wir sie um so mehr. Inflation, Wirtschaftskrise, politische Ohnmacht, Umweltkatastrophen und Kriege beunruhigen die Menschen. Dazu kommen noch die zerbrochenen Familien und Identitätskrisen. Kein Wunder, dass die Zahl der psychischen Erkrankungen immer mehr zunehmen. Besonders seit der Corona-Pandemie ist eine Zunahme der an Depression Erkrankten zu beobachten.

Es scheint, als sei kaum noch Hoffnung in dieser Welt zu sehen. Keiner weiß, wie sich die politische und wirtschaftliche Lage weiter entwickelt. Es ist schwer geworden, die nächsten Jahre zu planen. Alles scheint unsicher. Die Zukunftsaussichten sind düster.
Das ist das Stimmungsbild, was ich im Gespräch mit meinen Patienten tagtäglich mitbekomme. Besonders die älteren Leute sind froh, dass sie schon so alt sind. Sie machen sich Sorgen um ihre Enkel, was sie in Zukunft erwarten wird.

Auch ich habe schon die ein oder andere Krisenzeite in meinem Leben erlebt. Es gab Momente, in denen ich kurz davor war, die Hoffnung aufzugeben. Doch es gab etwas, was mir Kraft gab, weiter zu machen. Es gab eine Hoffnung, die mich durchhalten ließ.

Wir können von ihr in der Bibel, in Hebräer 6,19 lesen:

Diese [Hoffnung ] halten wir fest als einen sicheren und festen Anker der Seele, der auch hineinreicht ins Innere, hinter den Vorhang.

Die Entstehung des Bildes

In den letzten Wochen habe ich vermehrt auf meinem iPad mit Procreate herum gekritzelt. Das ist eine super Sache, denn man kann dabei bequem auf der Couch liegen und trotzdem an einem Kunstwerk arbeiten. Da ich in den letzten Wochen etwas erschöpft war, war das perfekt für mich. Schon seit einiger Zeit arbeite ich an einem digitalen Bild. Doch in dieser Woche hatte mein älterer Bruder und auch eine meiner liebsten Freundinnen Geburtstag. Ich hatte überlegt, wie ich ihnen die Geburtstagsgrüße zukommen lassen kann. Mein Bruder wohnt in Tschechien und meine Freundin in Bayern. Mein Bruder und ich schicken uns jedes Jahr digitale Karten. So entschied ich mich, für ihn eine zu malen. Schnell war das Motiv gefunden: ein Anker. Ich fand eine schöne Referenz auf pinterest. Der passende Bibeltext schwirrte auch sofort in meinem Kopf umher. So machte ich mich ans Werk. Drei oder vier Abende saß ich an dem Bild, doch direkt ein Tag vor dem Geburtstag meines Bruders wurde es fertig. So konnte er es pünktlich erhalten.

Meine Freundin hatte zwei Tage später Geburtstag. Ich nahm das gleiche Motiv und änderte den Text auf „Gottes Segen zum Geburtstag“. Wir schicken uns immer noch, herrlich altmodisch, echte Karten zu. Daher druckte ich das Bild aus und machte daraus eine schöne Karte. Wie immer etwas zu spät, ging sie dann mit der Post auf ihre weite Reise in den Süden Deutschlands.

Das Malen dieser Karte war wie Therapie für mich. Der Bibeltext erinnerte mich daran, dass ich den Herausforderungen des Lebens keine Macht über mich geben muss, denn meine Kraftquelle ist im Himmel verankert.

Der Anker

So ein Anker ist schon eine tolle Sache. Bei meinen Segelreisen melde ich mich gerne freiwillig für die Ankerwache. Das finde ich sehr spannend. Man prüft aller halber Stunde, ob der Anker noch hält und in der richtigen Position liegt. Man peilt auch den Standort, an dem man sich befindet, um die Schiffsdrehungen zu beobachten. Das alles wird genau in einem dafür vorgesehenen Buch notiert.

Wenn der Anker richtig hält, dann ist das Schiff sicher. Keiner braucht Angst haben, dass das Schiff abgetrieben wird und dann vielleicht Schiffbruch erleidet.

Auch für unsere Seele gibt es einen solchen Anker. Ich habe den Eindruck, dass viele Seelen wie ein Schiff einfach von den Wellen und der Strömung ziellos hin und her getrieben werden. Sie haben keinen Halt und Ziel im Leben. Irgendwann werden sie an den Klippen der Hoffnungslosigkeit zerschellen. Doch Gott bietet unserer Seele einen festen Halt an. Gerade in diesen Zeit können wir diesen Halt besonders gebrauchen, damit wir nicht entmutigt aufgeben.

Der Anker der Seele ist die Hoffnung.

Enttäuschte Hoffnungen

Doch auf was kann unsere Seele hoffen? Viele Hoffnungen zerschellen an den schroffen Felsen der Realität dieser Welt. So hoffen viele auf eine glückliche Beziehung und darauf, endlich den Traumpartner zu finden. Doch oft entpuppt sich die Hoffnung als Trugschluss. Viele hoffen auf eine gut bezahlte Arbeitsstelle. Doch wie schnell kann diese weg sein oder das verdiente Geld verliert an Wert. Andere hoffen durch eine Beziehung oder durch ihre Familie glücklich gemacht zu werden. Doch leider bekommen sie nicht von ihren Lieben, was sie sich von ihnen wünschen, egal wie viel sie in sie hinein investieren.

Viele Menschen wurden in ihren Hoffnungen schon so oft enttäuscht, dass sie schon gar nicht mehr zu hoffen wagen, aus Angst, wieder enttäuscht zu werden.
Welche Hoffnung kann nicht enttäuscht werden? Was ist das für eine Hoffnung, die Gott uns anbietet?

Wir finden die Antwort in dem Vers, den wir gerade gelesen haben. Dort steht, dass der Anker der Hoffnung in das Innere, hinter den Vorhang hinein reicht. Das klingt ein wenig komisch, oder?

Lasst uns herausfinden, was mit dem “Inneren“ gemeint ist. Dazu hilft es, wenn man den nachfolgenden Vers (Hebräer 6,20) noch liest:

wohin Jesus als Vorläufer für uns eingegangen ist, der Hoherpriester in Ewigkeit geworden ist nach der Weise Melchisedeks.

Hier lesen wir, dass Jesus hinter den Vorhang, in das Innere, eingegangen ist. Also Jesus ist an diesem Ort, dem Inneren. Weiter erfahren wir, dass er der Hohepriester in Ewigkeit geworden ist. Das hilft uns etwas weiter. Der Hohepriester hat was mit dem Tempel und dem Dienst für Gott zu tun.

Das Heiligtum

Schauen wir uns das kurz etwas genauer an!

Gott hatte Mose einen Spezialauftrag gegeben. Nach dem er das Volk Israel aus der ägyptischen Sklaverei befreit und in die Wüste geführt hatte, sollte er dort in der Wüste für Gott ein Heiligtum bauen. Gott wollte mitten unter seinem Volk wohnen. Dabei gab er Mose ganz detaillierte Anweisungen wie das aussehen sollte. Denn dieses Heiligtum sollte nach dem Vorbild des himmlischen Heiligtums gebaut werden. Ja, es sollte sogar ein Abbild, also wie ein Modell für das Original im Himmel sein (s. 2.Mose 25,8+9).

Das Heiligtum bestand aus drei Teilen. Es hatte einen Vorhof, in dem sich ein Brandopferaltar und ein großes Waschbecken befanden. Danach ging es in ein Zelt, dass noch einmal in zwei Abteilungen eingeteilt war. Der vordere Teil des Zeltes wurde als das „Heilige“ bezeichnet. Hier befanden sich ein siebenarmiger Leuchter, ein Schaubrottisch mit frischem Brot und ein Rauchopferaltar. Letzterer stand direkt vor einem Vorhang, der das „Heilige“ von dem „Allerheiligsten“ abtrennte. Das „Heilige“ durften nur Priester betreten. In das „Allerheiligste“ durfte nur einmal im Jahr der Hohepriester. Dort befand sich die Bundeslade. In ihr wurden die zehn Gebote sowie ein blühender Stab von Aaron aufbewahrt. Über der Bundeslade befand sich der Gnadenstuhl, der von zwei Engeln überschattet wurde.

Die Reinigung des Heiligtums

Hier lüftet sich jetzt unser Geheimnis, was mit dem Inneren, hinter dem Vorhang gemeint ist. Das „Allerheiligste“ ist ein Symbol für den Thronsaal Gottes. Die Bundeslade mit dem Gnadenstuhl ist das Symbol für den Thron Gottes. Die zehn Gebote, die sich in der Bundeslade befinden, sind die Grundlage der Regierung Gottes. Hier ist Gott. Von hier aus regiert er das Universum. In dem Text in Hebräer haben wir gelesen, dass Jesus als unser Hohepriester dort hinein gegangen ist. Der Hohepriester war der Stellvertreter des Volkes Gottes. Einmal im Jahr fand der Große Versöhnungstag statt. An diesem Tag wurde das Heiligtum von den Sünden des Volkes gereinigt. Tagtäglich brachten nämlich die Menschen ihre Sünden in das Heiligtum, indem sie ein Opfertier darbrachten. Damit wurde symbolisch die Schuld von dem Sünder auf das Heiligtum übertragen. Im Laufe des Jahres häuften sich dort also bildlich gesprochen die ganzen Sünden des Volkes an. Das Heiligtum bedurfte damit auch der Reinigung. Zu diesem alljährlichen Anlass ging der Hohepriester mit dem Blut eines Opfertieres in das „Allerheiligste“ und besprengte den Vorhang und die Bundeslade mit dem Blut. Dies reinigte das Heiligtum von den Sünden des Volkes. Diese Sünden wurden dann auf einen vorher ausgelosten Bock übertragen, der wortwörtlich in die Wüste geschickt wurde (daher kommt übrigens auch das Sprichwort, jemanden in die Wüste zu schicken).

All diese Symbole und Dienste im Heiligtum sind aber nur ein Typus, also ein Modell, für den Dienst Jesu. Das alles zu erklären, würde hier mehr als nur den Rahmen sprengen.

Der Dienst Jesu hinter dem Vorhang

Jesus kam auf diese Welt, um als Opferlamm für unsere Sünden zu sterben. Er ist also das Opfer, das tagtäglich im Tempel dargebracht wurde. Wir als Sünden, können durch unser Sündenbekenntnis unsere Schuld auf Jesus übertragen, der sie bereits für uns bezahlt hat. Durch sein Blut reinigt Jesus uns von unserer Schuld. Dafür wird sie zunächst auf das wahre Heiligtum, was im Himmel ist, übertragen. Dort häufen sich schon mehr als 6000 Jahre die Sünden der gesamten Menschheit an. Doch wir haben gelesen, dass unser Anker der Hoffnung in das Innere, hinter den Vorhang, also in das Allerheiligste, reicht. Dort finden wir die einzig wahre Hoffnung.

Einmal im Jahr fand der Große Versöhungstag statt.Der Hohepriester ging mit dem Blut des Opfertieres hinter den Vorhang in das Allerheiligste, um es von den Sünden zu reinigen.

Jesus ist für uns zum Hohepriester geworden. Er braucht aber kein fremdes Blut von einem unschuldigen Tier. Denn er ist selbst ist das Opfertier. Er ist Opfer und Hohepriester zugleich. Mit seinem eigenen Blut betritt er also den himmlischen Thronsaal und tritt vor den Vater. Dort macht er zwei Dinge. Einmal ist er unser Stellvertreter und Anwalt. Er vertritt uns und unsere Anliegen vor Gott. Als Zweites reinigt er das Heiligtum von unseren Sünden und wird dafür sorgen, dass sie auf Satan zurückfallen werden, der diese verursacht hat. Hier sind wir bei unserem Hoffnungsanker angekommen.

Der Anker der Hoffnung

Unsere Hoffnung besteht darin, dass Jesus selbst unsere Schuld auf sich nahm, indem er sein Blut für uns vergoß. Durch sein Blut kann er uns von unseren Sünden reinigen und vor Gott für uns Vergebung und ein neues Leben erwirken. Doch unsere Sünde, wenn auch vergeben, existiert noch. Sie lagert im himmlischen Heiligtum. Es kann sogar sein, dass sie wieder auf uns zurückfällt, wenn wir uns von Gott abwenden. Deswegen besteht unsere einzige Hoffnung in unserem Hohepriester. Wir als Adventisten glauben, dass Jesus im Jahr 1844 hinter den Vorhang, in das Allerheiligste, hineingegangen ist. Seit diesem Jahr findet der Große Versöhungstag statt. D.h. jeder einzelne Mensch, der jemals gelebt hat, wird noch einmal vor Gott geprüft. Es wird geschaut, ob er Jesu Opfertod für sich in Anspruch genommen hat und sich von seinen Sünden hat reinigen lassen. Ist das der Fall, dann wird er ewig leben. All seine Sünden sind aus dem Lebensbuch gestrichen. Es ist so, als hätte er sie nie begangen. Wenn ein Mensch das Angebot nicht annehmen wollte, dann wird er ewig tot sein. Jeder Fall wird entweder für Leben oder Tod entschieden. Irgendwann werden all die Toten gerichtet sein. Dann kommen wir Lebenden an die Reihe. Auch unsere Schicksale werden entschieden werden. Doch jeder wird vorher genug Möglichkeiten bekommen, um die richtige Entscheidung zu treffen. Wenn sich jeder Mensch für oder gegen Gott entschieden hat, dann ist der Reinigungsprozess beendet. Entweder tragen die Menschen ihre eigene Schuld oder sie wird Satan, dem Sündenbock, auferlegt werden. Wenn das alles vorbei ist, dann kommt Jesus wieder und wird uns nach Hause nehmen.

Willkommen zu Hause!

Jesus kommt um uns nach Hause, in das Allerheiligste, zu holen! In Hebräer 6,20 haben wir gelesen, dass Jesus als unser Vorläufer hinter den Vorhang gegangen ist. Er hat für uns den Weg bereitet, damit wir dort sein können, wo er ist. Dieser Ort ist unser zu Hause. Es ist ein Ort an dem Gerechtigkeit, Liebe, Sanftmut und Geselligkeit herrscht. Es ist der Ort, nach dem sich jeder hier auf dieser Erde sehnt, aber hier nie finden wird. Dort wird es keine Existenzängste, keine Schmerzen, kein gebrochenes Herz, keinen Krieg und keinen Tod mehr geben. Wir dürfen Erben Gottes sein und damit werden wir selbst auf dem Thron sitzen und zusammen mit Jesus regieren.

Das schönste wird sein, dass unsere ganzen Fehler und Sünden verschwunden sind. Keiner wird mehr an meine Schwächen und an mein Versagen denken. Auch ich selbst werde das alles vergessen haben. Wie oft leide ich hier auf dieser Erde unter meinen eigenen Unzulänglichkeiten. Doch dort im Himmel wird das alles der Vergangenheit anhören. Es wird ein Ort der reinsten Freude und des höchsten Glückes sein.

Mein persönlicher Hoffnungsanker

Das ist mein fester und sicherer Anker. Weil ich weiß, dass Jesus diesen Weg vor mir gegangen ist und ihn für mich vorbereitet hat, kann ich ihm getrost folgen. Hier auf dieser Welt ist der Weg oft mit Entbehrung, Schmerz und Tod verbunden. Doch all das ist nichts im Vergleich zu den wunderbaren Dingen, die Jesus jetzt gerade für mich vorbereitet!

Jesus hat unendliche Qualen gelitten und sich tief gedemütigt, um mir ewige Freude und Frieden zu ermöglichen. Seine grenzenlose  und vor allem beständige Liebe und Hingabe für mich ist mein sicherer Anker.

Wenn ich daran denke, wie viel er für mich aufgegeben hat, um mir ein besseres Leben zu ermöglichen, dann fällt es mir leichter, diese Welt hier loszulassen, um das zu gewinnen, was er mir anbietet. Ich muss in dieser Welt nicht mehr alles erleben, denn ich weiß, dass mir diese Welt nichts bieten kann, was mich wirklich glücklich macht.

Meine Hoffnung auf ein Leben ohne Schuld und Sünde als eine Königstochter gibt mir bereits in diesem Leben Ruhe und Frieden. Je mehr ich mich mit Gott und seinem herrlichen Wesen beschäftige, desto mehr verliebe ich mich in ihn. Und desto wertloser erscheinen mir all die Dinge, die diese Welt mir hier bieten möchte. Mein Herz sehnt sich dort anzukommen, wo meine Hoffnung bereits ankert: an der Seite meines wunderbaren Gottes und Erlösers Jesus Christus! Er ist den Weg vor mir gegangen, damit ich ihn auch finden und gehen kann.

Es gibt eine Hoffnung über dieses Leben und diese Welt hinaus. Lasst diese Welt wie ein Kartenhaus zusammen fallen! Ich weiß, dass mein Anker im Allerheiligsten hält, wo jemand für mich eintritt, der alles gegeben hat, damit ich bald bei ihm sein kann.

Wo ist deine Hoffnung verankert? Wird dein Anker halten, auch wenn die Welt über dir zusammenbricht?

3. Das Kreuz

Lasst uns sehen, wie der Weg unseres Wanderers weitergeht.

Der Weg zum Kreuz kommt den Wanderer wie eine Ewigkeit vor. Die Last auf seinem Rücken scheint immer schwerer zu werden. Der Wanderer denkt an all sein Versagen, all die Dinge, die er in seinem Sack mit sich schleppt. Ist es überhaupt möglich, dass ihm das weggenommen und vergeben werden kann? Er sieht all seine Schuld und seine Unzulänglichkeiten. Wie kann er vor einem vollkommenen und heiligen Gott bestehen? Er muss sich eingestehen, dass er nicht viel über Gott weiß. Ihm ist zu Ohren gekommen, dass dieser recht streng sein soll und die Sünde sehr ernst nimmt. Auf der anderen Seite hat er immer wieder gespürt, wie er zu Gott gezogen wurde. Und was hatte es mit diesem Angebot auf sich, dass er bei Gott seine Lasten loswerden könnte? All diese Gedanken verwirrten ihn. Diese Gedanken ließen seine Lasten immer schwerer werden. Er war kurz vor dem Aufgeben als er an einem Schild vorbei kommt, auf dem steht: „Every day is day one with God“. Das bedeutet sinngemäß, du kannst jeden Tag mit Gott neu anfangen.

Every Day is Day one with God

Dieser Spruch war der Ursprungsgedanke hinter dem Bild. Das Ziel war zu zeigen, dass es nie zu spät, zu Gott umzukehren, egal was man in seinem Leben getan hat. Selbst wenn wir schon länger mit Gott leben und ihn immer und immer wieder enttäuschen, gibt er uns nicht auf. Jeden Tag bekommen wir eine neue Chance, wieder vorn vorne mit ihm anzufangen.
Gott hat einen langen Atem mit uns. Er weiß, dass wir wie hilflose Kinder sind, die gerade laufen lernen. Ein Kind lernt nicht von heute auf morgen das Laufen. Bevor es sicher laufen kann, muss es viel trainieren. Dabei plumpst es ganz oft zu Boden. Am Anfang sind die Beine zu wackelig, dass sie das Gewicht des Kindes nicht tragen können. Trotzdem geben die Kinder nicht entmutigt auf. Ich zumindest kenne kein Kind, das sagt: „Ich werde nie laufen lernen! Am besten versuche ich es gar nicht erst!“ Nein, die Kinder machen sich darüber keine Gedanken, sondern sie probieren es immer wieder. Ich habe auch noch nie Eltern erlebt, die mit ihren Kindern schimpfen, wenn das Kind hinfällt und das vielleicht schon zum hundertsten Mal. Viel mehr helfen sie ihrem Kind, in dem sie es festhalten und zu einem neuen Versuch animieren. Genau so ist Gott. Er ist ein liebevoller, geduldiger Vater, der uns immer wieder Mut macht, aufzustehen, wenn wir gefallen sind. Wir sind oft schwach im Glauben und vielleicht entmutigt, weil wir schon so oft gefallen sind und Gott enttäuscht haben. Wir haben Angst wieder aufzustehen und es noch einmal zu probieren, weil wir Angst haben, dass wir wieder versagen könnten. Doch Gott ist es lieber, dass wir versagen als dass wir es gar nicht erst probieren. Wie ein Vater sein Kind zu einem erneuten Gehversuch animiert, so ermutigt uns Gott, aufzustehen, wenn wir am Boden liegen und mit seiner Hilfe voran zu gehen.

Das Kreuz

Unser Wanderer hatte diese Botschaft auf dem Schild verstanden. Ermutigt durch diese Botschaft erreicht er das Kreuz. Es ist von einem hellen Licht erleuchtet, dass aus der schmalen Pforte hervorleuchtet. In diesem Licht steckt Wärme und Hoffnung. Der Wanderer blickt zum Kreuz empor. Er erblickt einen Mann, der an das Kreuz genagelt wurde. Seine Hände und Füße sind von Nägeln durchgraben, seine Seite zerstochen und seine Stirn von der Dornenkrone zerrissen. Er scheint tot zu sein. Als der Wanderer das Gesicht das Mannes sieht, sieht er nicht das Gesicht eines harten Verbrechers. Nein, die Gesichtszüge sind weich und sanft. Der ganze Mann strahlt etwas friedliches aus. Doch warum musste er so einen schrecklichen Tod sterben?

Langsam dämmerte es ihn. Er hatte davon schon gehört. Er hatte die Geschichte gehört, dass Gott sein Liebstes gab, um die Menschheit, die er so sehr liebte, zu retten. Dort am Kreuz hing der Sohn Gottes höchstpersönlich! Der Wanderer kannte die Geschichte aus seinen Kindheitstagen. Er erinnerte sich, dass Jesus für die Sünden der Welt gestorben war. Doch „Sünde“ war für ihn ein abstrakter Begriff. Er wusste nicht so viel damit anzufangen. Aber als er diesen Mann am Kreuz betrachtete und über ihn nachdachte, kam ein Gedanke in ihm auf. Dieser Jesus hatte ihn immer wieder eingeladen, zu ihm zu kommen, um ihm seine Last abzunehmen. Auf einmal verstand er, dass all seine Lasten die Sünden waren, von denen Jesus ihn befreien konnte. In der Betrachtung des toten Erlösers verstand er auf einmal die Tragweite und die Konsequenzen seiner Sünden. Er verstand auch, warum der breite Weg zum Tod führte. Denn werden die Lasten nicht auf Jesus gelegt, wird man früher oder später an deren Konsequenzen sterben. Die Sünde führt zum ewigen Tod. Es gibt kein Entrinnen. Doch nun verstand der Wanderer, dass Jesus ihn von seinen Lasten befreien wollte. Das konnte er aber nur tun, weil er selbst die Sünden auf sich genommen hat und den Preis dafür gezahlt hat- er gab sein ewiges Leben, um das Leben eines Abtrünnigen zu retten. Die Erkenntnis wuchs im Herzen des Wanderers: Gott hatte seinen Platz eingenommen, den er eigentlich verdient hatte! Der Mann, der dort am Kreuz hing, das hätte er sein sollen! Stattdessen hing dort an seiner Stelle ein unschuldiger Mann, der ihn so sehr liebte, dass er bereit war seine Schuld auf sich zu nehmen. Langsam begriff der Wanderer die tiefe Liebe, die Gott für ihn empfand und welchen hohen Preis er bereit war, für seine Last zu zahlen.

Die Erlösung

Wie lange hatte er unter seiner Last gelitten? Wie lange hatte er versucht, sie selber loszuwerden? Wie konnte er nur so stur sein und das sanfte Ziehen Gottes so lange abweisen? Er begriff, dass er schon viel früher von seiner Last hätte befreit werden können. Aber sein Ego stand ihm lange im Weg.

Überwältigt von der Größe seiner Schuld, seiner Unwürdigkeit und seiner absoluten Hilflosigkeit bricht der Mann am Fuß des Kreuzes zusammen. Unter Tränen bekennt er all seine Vergehen, seine Sturheit und bekennt, dass er absolut unwürdig ist, Vergebung zu erfahren. Doch im Glauben klammert er sich an das Kreuz und beansprucht das kostbare Blut Jesu für sich und bittet Gott, dass er um des Namens seines Sohnes willen ihn von seinen Sünden reinigt. Lange ringt und kämpft er am Fuß des Kreuzes und klammert sich an die Verdienste Jesu. Doch irgendwann scheint ein Licht vom Himmel auf ihn. Mit diesem Licht kommt ein Friede in das Herz des Wanderers. Das erste Mal in seinem Leben spürt er eine tiefe Ruhe und Geborgenheit.

Er hört die sanfte Stimme Jesu sagen (Matthäus 11,28.-31):

„Kommt her zu mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen! Und ich werde euch Ruhe geben. Nehmt auf euch mein Joch, und lernt von mir! Denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig, und »ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen «; denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.“

Neues Leben

Der Wanderer richtet sich auf. Seinen schweren, schmutzigen Sack, der ihn so viele Jahre Qualen bereitet hat, stellt er an das Fuß des Kreuzes. Er ist frei von der Last seiner Sünden! Er ist wirklich frei! Er kann es nicht glauben und fällt wieder vor dem Kreuz nieder. Doch diesmal sind es Freudentränen, die sein Gesicht herunter strömen und Worte des Lobes und der Anbetung, die über seine Lippen kommen.

Der Wanderer erhält nun neue Kleider. Die alten, verschlissenen Kleider seiner eigenen Gerechtigkeit müssen den Kleidern der Gerechtigkeit Jesu weichen. Diese Kleider sind neu, sauber und das Hemd ist strahlend weiß. Es ist absolute Sündhaftigkeit und ein Ausdruck des reinen Charakters Gottes. Diese Kleider zeigen, dass dieser Mensch von Neuem geboren ist. Er lebt jetzt nicht länger sein eigenes Leben. Ab jetzt lebt er für Gott allein. Er hat ihm die Treue geschworen. Dafür erhält er Jesu Gerechtigkeit, die eine Garantie für das ewige Leben ist.

Nachdem Kleidertausch erhält der Wanderer Instruktionen für seinen weiteren Weg. Er wird gewarnt, dass dieser Weg nicht leicht sein wird. Es wird viele Gefahren und Schwierigkeiten geben. Aber Gott hat auch viele Segnungen auf dem Weg bereit gestellt. Er wird nicht nur düster und schwer sein. Gott verspricht ihm, dass er den ganzen Weg über an seiner Seite ist. Solange der Wanderer auf Jesus schauen würde, wäre er sicher. Sobald er allerdings auf die Umstände sehen würde, würde ihn der Mut verlassen und er würde fallen. Aber selbst wenn er mal fallen sollte, so ist Jesus stets nahe, um ihm wieder aufzuhelfen. Zusammen mit Jesus könnte er das Neue Jerusalem, seine wahre Heimat erreichen und in die ewige Ruhe eingehen.

Nach dem der Wanderer all dies und noch mehr gehört hatte, brach er zu seinem neuen Lebensweg auf. Ab jetzt hatte er ein Ziel im Leben. Er wollte, das Neue Jerusalem erreichen! Er hoffte, unterwegs viele Menschen zu treffen, denen er von seiner wunderbaren Erfahrung erzählen konnte. Sein Herz war voller Dankbarkeit und Freude als er sich auf den Weg machte. Auf dem Weg zur schmalen Pforte sang er Loblieder zur Ehre seines Erlösers.

Hier geht es zum nächsten Kapitel: „Die schmale Pforte“