Es ist ein bedeckter Tag. Dicke Wolken ziehen über den Himmel. Der Wind trägt eine frische Meeresbrise ins Land. Wellen klatschen schäumend an den Strand, nur um sich danach schlürfend zurückzuziehen. Gischt wird an den Felsen in die Luft gewirbelt. In der Ferne kreischen Möwen ihr Lied. Doch ihr Blick gilt einer Brigantine, einem Segelschiff, dass so eben Segel gesetzt hat und auf das weite Meer hinaus steuert. Mit diesem Schiff sticht ihr Herz in See. Wann wird sie ihn wieder sehen? Was, wenn die Reise mehr als die geplanten fünf Monate dauern würde? Was wäre, wenn sie sich wieder zwei Jahre nicht sehen würden? Bei dem Gedanken an Seenot oder gar der Bedrohung durch ein feindliches Schiff, läuft ihr ein kalter Schauer den Rücken herunter. Sie schickt ein kurzes Stoßgebet für das Gelingen der Reise zu dem, der das Meer geschaffen hat. Danach holt sie tief Luft und denkt an den heutigen Morgen als sie beide sich nieder gekniet hatten und ihre Leben dem Gott anvertraut hatten, mit dem sie schon viele Wunder erleben durften. Friede und Ruhe kehrt in ihr Herz zurück. Sie schaut dem Schiff nach bis es hinter dem Horizont verschwindet und nur noch das weite leere Meer zu sehen ist. Als eine erneute Welle an den Felsen bricht und die Gischt sie durchnässt, steht sie auf und geht nach Hause. Doch ihr Herz bleib auf der See…
So oder ähnlich stelle ich mir die Geschichte vor, die hinter dem heutigen Bild stehen könnte. Das Bild war als ein Übungsbild gedacht, da ich mich aktuell am Malen von Menschen üben möchte. Nach langem Suchen bin ich auf Pinterest auf diese Fotomontage gestoßen und habe ich mich sofort darin verliebt. Schnell ging es ans Werk. Das Bild entstand auf einer 24x30cm großen Leinwand.
Großen Respekt hatte ich vor der Haut der Dame und dem Kleid. Mir fiel es bei dem letzten Bild mit der Frau im Mohnfeld schwer, eine realistische Hautfarbe zu mischen. Doch hier gelang es mir besser. Aus Rot, Ocker und weiß im richtigen Verhältnis kam tatsächlich eine hautähnliche Farbe heraus. Das Kleid war in der Tat herausfordernd. Es war ein sich ständig wiederholender Prozess von Hell und Dunkel – Licht und Schatten. Erst hatte ich Bedenken, dass es eine Katastrophe werden würde. Doch als ich dann das Endergebnis sah, war ich positiv überrascht. Mir gefiel das Kleid richtig gut. Mehr Probleme machte mir hingegen das Wasser am Stand. Die Gischt und die Ausläufer der Wellen wollten nicht so, wie ich wollte. Auch das Segelschiff hat Potenzial nach oben. Aber da es eigentlich nur ein Übungsbild sein sollte, bin ich damit recht zufrieden.
Um ehrlich zu sein, habe ich mein Herz an dieses Motiv verloren. Es ist mein zweites Lieblingsbild aller meiner bisher gemalten Bilder. Auf Platz 1 ist und bleibt weiterhin mein absoluter Traum vom Segeln “Sailing”. Doch dieses Bild hier mag ich auch sehr gerne, weil es Sehnsucht ausdrückt. In dem Fall die Sehnsucht nach dem geliebten Menschen, der davon segelt. In meinem Fall würde ich lieber selber davon segeln, doch dies war den meisten Frauen vor 200 Jahren nicht vergönnt.
Aber in meinem diesjährigen Kurzurlaub an der Ostsee habe ich auch stundenlang am Strand gesessen und die Segler beobachtet. Dies war ein Hochgenuss für mich, von dem ich bis heute zehre.
Das Segeln hat für mich etwas von Freiheit, aber auch etwas imposantes, ja majestätisches. Beim Segeln ist man den Naturgewalten vollständig ausgeliefert und doch bezwingt ein gut geführtes Schiff die schlimmsten Stürme. Das dahingleiten auf dem Wasser mit den weißen Segeln am blauen Himmel zeigt die Majestät dieser Gattung von Schiffen. Schlussendlich hat es auch etwas romantisches. Wobei da natürlich der Schein trügt. Das Leben eines Seemanns war hart und rauh. Dennoch konnten die allerbesten Geschichten die alten Seebären erzählen. So ist und bleibt das Segeln auf einem historischen Großsegler meine Faszination und mein Traum.
Das Bild hier unten zeigt die J.R. Tolkien mit der ich dieses Jahr einen ganzen Tag Mitsegeln durfte. Es war mein erster Großsegler und ein unvergessliches Erlebnis.