19. Absolute Hingabe

Wie lange ist deine letzte Prüfung her?
Kannst du dich noch daran erinnern, wie du dich gefühlt hast?
Dieses Kribbeln im Bauch, schwitzige Hände.
Es überfällt einen eine merkwürdige Nervosität und Unruhe.
Manche leiden unter einem Blackout, obwohl sie sich gründlich auf die Prüfung vorbereitet haben.

So eine Prüfung ist nichts Schönes. Die Zeit davor und auch während der Prüfung ist alles andere als angenehm. Doch irgendwann ist sie vorbei und dann ist man einfach nur erleichtert und glücklich.

Natürlich spielt es dabei auch noch eine große Rolle, wie gut vorbereitet man in so eine Prüfung hineingeht. Man kann deutlich entspannter sein, wenn man sich gründlich darauf vorbereitet hat. Derjenige, der ohne Vorbereitung in eine Prüfung geht, der hat wirklich allen Grund zum Fürchten.

Doch dies trifft nicht auf unseren Wanderer zu. Er hat seine Ausbildung abgeschlossen. Seine Reise nähert sich dem Ende. Er weiß, dass eine letzte schwere Prüfung auf ihn zukommt. Doch er ist bestens darauf vorbereitet. Der Heilige Geist ruht auf ihm und wird ihn durch diese Prüfung führen. Dennoch klopft des Wanderers Herz als er seinen Weg fortsetzt.

Die Ernte ist reif

Als er dem Pfad folgt, sieht er zu seiner Rechten ein reifes Getreidefeld leicht im Wind wiegen. Auf einmal kommt vom Himmel her ein Engel geflogen. Er hält eine scharfe Sichel in der Hand. Erstaunt beobachtet der Wanderer wie der Engel beginnt, das Feld abzuernten. Freudige Erwartung mischt sich mit einem etwas mulmigen Gefühl als der Wanderer diese feierliche Szene beobachtet. Ihm ist bewusst, dass diese Ernte das Ende der Welt darstellt. Jetzt ist jeder Fall entweder zum ewigen Tod oder zum ewigen Leben entschieden. Gott hat bereits seine Engel los gesandt, um seine Kinder nach Hause zu holen.

Eine Dringlichkeit überkommt den Wanderer. Schnellen Schrittes folgt er dem Pfad. Doch dieser wird zunehmend schmaler. Jetzt wird dem Wanderer bewusst, dass der Pfad zu Beginn seiner Wanderung deutlich breiter und bequemer war. Im Verlauf wurde er schmaler und steiler. Doch jetzt verjüngt er sich viel schneller. Inzwischen war der Pfad nur noch so schmal, dass der Wanderer gerade so darauf gehen konnte.

Die weiße Wand und das weiße Seil

Zu seiner Rechten befindet sich eine hohe weiße reine Wand dessen Ende der Wanderer nicht erkennen kann. Auf der anderen Seite gähnt der tiefe Abgrund, der den Wanderer schon seit dem Pfad der Heiligung begleitet. Aus dem Abgrund dringt Musik wie von einer Party und Gelächter. Auf einmal überkommt den Wanderer eine große Angst, in diesen Abgrund zu stürzen. Er war dort unten gewesen. So schwarz wie dieser Abgrund ist, so schwarz war auch seine Seele- ohne Hoffnung und Freude. Doch jetzt hatte er in Jesus Licht, Freude und Frieden gefunden. Auch wenn dieser Weg schmerzhaft und entbehrlich ist, möchte er nichts anderes mehr auf dieser Welt. Entschlossen presst sich der Wanderer an die weiße Wand als er nun etwas langsamer seinen Weg auf dem immer schmaler werdenden Pfad fortsetzt.

Auf einmal wird von der weißen Wand ein weißes Seil heruntergelassen. Der Wanderer ergreift es sofort und zieht vorsichtig daran. Als es dem Ziehen stand hält, hängt er sich mit etwas mehr Gewicht daran. Auch diesem hält das Seil stand. Das Seil wurde als Hilfe für ihn heruntergelassen. Erleichtert nimmt der Wanderer diese Hilfe an.

Der Weg wird nun noch schmaler. Er ist nur noch eine Fußbreite breit. Vorsichtig setzt unser Pilger einen Fuß vor den anderen. Mit den Händen hält er sich an dem weißen Seil fest. Als er sich so höchst konzentriert fortbewegt wird der Pfad noch schmaler. Der Wanderer hat das Gefühl, dass seine Schuhe ihn stören. Die Schuhe sind zu breit für den Weg. So zieht er die Schuhe aus und geht in Socken weiter. Erstaunt stellt er fest, dass das Seil ihn begleitet. Je schmaler der Pfad wird, desto dicker und stabiler wird das Seil. Der Wanderer muss zunehmend mehr auf das Seil als seinen Halt vertrauen als seinen eigenen Füßen.

Als der Pfad noch schmaler wird, beginnt der Wanderer immer öfter mit seinen Füßen zu rutschen. Da gibt es nur eine Lösung! Die Socken müssen ausgezogen werden! Flink tut er dies. Nun geht es barfuß weiter über den rauen schmalen Pfad. Irgendwann wird dieser so schmal, dass der Wanderer nun nur noch auf den Zehen Halt findet. Umso weniger Halt er mit den Füßen hat, umso mehr hängt er sich in das Seil und drückt sich gegen die weiße Wand. Der Blick des Wanderer fällt auf jene weiße Wand. Dabei fallen ihm lauter rote Flecken auf. Es schmerzt den Wanderer diese schöne Wand so beschmutzt zu sehen. Er blickt auf die bereits zurückgelegte Strecke zurück. Auch dort sieht er diese roten Flecken. Manche waren heller und schimmerten wie nasse Farbe. Wie ein Blitz trifft die Erkenntnis den Wanderer. Das ist Blut, sein Blut, was diese schöne Wand besudelt! Als er auf den noch vor ihm liegenden Abschnitt schaut, sieht er ältere Blutflecken – und davon nicht gerade wenige. Dieser Anblick ermutigt ihn, denn er weiß, dass vor ihm andere diesen Weg gegangen sind. Wenn sie es schaffen konnten, dann wird er es auch schaffen!

Langsam mit all seiner Kraft gegen die Wand drückend und sich an das Seil hängend setzt der Wanderer seinen Weg fort. Dicke Schweißtropfen perlen von seiner Stirn. Seine schwitzigen Hände umklammern mit aller Kraft das weiße Seil. Sein Griff ist so fest, dass das Seil sich in die Hände bohrt. Auch die Füße und Ellenbogen sind inzwischen wund gescheuert. Doch all diese Schmerzen spürt der Wanderer kaum. Seine ganze Konzentration liegt darauf, ja auf dem Pfad zu bleiben und nicht in den schrecklichen Abgrund zu stürzen. Die fröhliche Musik und das Gelächter von dort unten scheinen den Wanderer zu verhöhnen. Doch unter die Fröhlichkeit gemischt kann der Wanderer auch Weinen und Seufzen der verzweifelten verlorenen Seelen hören. Auf gar keinen Fall darf er jetzt seinen Halt verlieren, dann wäre all seine Mühe des bisherigen Weges umsonst gewesen.

Zweifel vs. Vertrauen

Doch der Seelenfeind ist auch hier nicht fern. In dieser verzweifelten Situation flüstert er dem Wanderer entmutigende Gedanken ein. Er erinnert ihn an all sein Versagen. Er hätte es doch gar nicht verdient, in die himmlische Stadt zu kommen. Was würde er sich denn überhaupt einbilden? Er solle sich doch mal selbst ansehen? Was ist das für ein Gott, der so eine unmenschliche Prüfung seinen Pilgern zumutet? Er hängt hier an einem Abgrund nur an einem Seil von dem er nicht weiß, wer es überhaupt hält. Würde es reißen, dann würde der Absturz den sicheren Tod bedeuten. Wäre es nicht klüger umzukehren? Was erwartet ihn, wenn er weitergeht? Der Pfad würde enden und er würde nur noch an dem Seil hängen. Und was dann? Wie soll es weitergehen? Es gibt keine Hoffnung! Doch als wüsste Gott um die Gedanken seiner armen Pilger hatte er in weiser Voraussicht ein Schild an die Wand anbringen lassen. Darauf steht: „Beinahe zu Hause!“ Als der Wanderer das liest, erfüllt ihn neuer Mut. Ja, der Pfad würde enden, aber er würde im Neuen Jerusalem enden. Noch kann er nicht sehen, WIE er das himmlische Jerusalem erreichen könnte, aber er weiß, DASS er es mit Gottes Hilfe erreichen kann!

Fest entschlossen umklammert der Wanderer das inzwischen armdicke Seile mit seinen Armen und setzt langsam seinen Weg fort. Der Pfad wird jetzt so schmal, dass der Wanderer kaum noch seine Zehe absetzen kann. Langsam tastet er sich vorwärts, immer auf der Suche nach einem kleinen Felsvorsprung auf den er wenigstens eine Zehe absetzen könnte. Doch dann endet auf einmal der Pfad und die weiße Wand. Vor ihm ist alles schwarz und nebulös. Es ist nichts als der unendlich tiefe Abgrund zu sehen. Das einzige, was noch da ist, ist das weiße Seil. Das ist inzwischen dicker als ein Oberschenkel. Auf einmal hört der Wanderer eine leise Stimme. Es scheint so, als würde das Seil zu ihm sprechen: „Vertraue mir. Ich halte dich!“. Skeptisch betrachtet der Wanderer das Seil. Wo ist es fest gemacht? Wer hält es? Konnte er ihm wirklich sein Leben anvertrauen?

Auf einmal reißen die dunklen Wolken auf. Ein helles Licht erhellt die dunkle Nacht und scheint auf den Wanderer. Als dieser nach oben blickt, sieht er eine goldene Stadtmauer mit Toren, die wie Perlen glänzen. Die Augen des Wanderer weiten sich. Ist sie das? Ist das die himmlische Stadt? Das Ziel seiner Reise? Hatte er es wirklich geschafft? Sein Blick fällt wieder auf den Abgrund. Er scheint unendlich tief zu sein. Es ist kein Weg mehr zu erkennen. Wie würde er die Stadt erreichen können?

Absolute Hingabe

Der Herz pocht so sehr, dass der der Wanderer befürchtet, es würde ihm gleich aus der Brust hüpfen. Er hört das Blut in seinen Adern rauschen. Der Schweiß fließt in kleinen Rinnsalen den Rücken hinab. Wieder hört er die leise sanfte Stimme: „Vertraue mir! Ich halte dich!“ Der Wanderer betrachtet das Seil. Irgendwie scheint es noch dicker geworden zu sein. Dieses Seil ist seine einzige Hoffnung. Welche Alternative hat er? Er muss dem Seil jetzt vertrauen! Es hat ihn den langen Weg bis hier her geführt und würde ihn jetzt bestimmt nicht im Stich lassen!

Der Entschluss ist gefasst. Seine Füße lösen sich von dem Pfad und umschlingen das Seil. Er klammert sich mit jeder Faser seines Körpers an das Seil. Nichts in dieser Welt bietet ihm noch Halt. All seine Hoffnungen, sein Leben, alles hängt jetzt an diesem Seil. Und das Seil enttäuscht ihn nicht. Es trägt den Wanderer sicher über den Abgrund und zieht ihn hinauf in die Wolken, der himmlischen Stadt entgegen.

Die Anwendung

Hier an dieser Stelle unterbrechen wir die Erzählung, um ein wenig über die Bedeutung nachzudenken.
Die Szene wurde von Ellen G. White, eine der Mitbegründerinnen der Adventgemeinde, inspiriert. Sie beschreibt noch viel intensiver diesen letzten Abschnitt der Reise. Es kann hier nachgelesen werden.

Die Szene trägt den Titel „Absolute Hingabe“. Es bedeutet das vollständige Vertrauen in Gottes liebevolle Fürsorge. Oder andersrum gesagt: es bedeutet, dass wir aufhören, um uns selbst zu sorgen und die Kontrolle behalten zu wollen. Wir Menschen verlassen uns gerne auf unsere eigene Weisheit, auf andere Menschen, auf unser Geld und so viele andere Dinge. Im Endeffekt ist die einzige Lektion, die wir lernen müssen, Gott wirklich zu vertrauen. Wie schwer uns das fällt, sehen wir in der gesamten Pilgerreise des Wanderers. All die verschiedenen Erlebnisse dienten dazu zu lernen, nicht auf sich selbst zu vertrauen, sondern auf Gott.
In unserer heutigen Szene ist er zunehmend gezwungen, sich auf das unbekannte Seil zu verlassen. Bisher hatten ihn seine eigenen Füße den ganzen Weg getragen. Doch auf die kann er sich zum Schluss nicht mehr verlassen. Er muss sein ganzes Vertrauen in dieses Seil setzen, was eine vollständige Abgabe der Kontrolle beinhaltet. Doch Gott lässt ihn nicht im Dunkeln tappen. Er ermutigt den Wanderer, sein ganzes Vertrauen in ihn zu setzen und sendet Licht vom Himmel, um ihn zu ermutigen. Am Ende darf er sogar einen Blick in das himmlische Jerusalem werfen, damit er wirklich dieses gesamte Leben auf dieser Erde loslassen kann.

Der Prozess des Loslassens

Diesen Prozess muss jeder von uns durchlaufen. Wenn wir alt werden schwinden unsere Kräfte. Wir sind zunehmend mehr auf Hilfe angewiesen. Je älter man wird, desto mehr verliert man die Kontrolle über sein eigenes Leben. Ist man pflegebedürftig, bestimmen andere Personen über einen. Man ist von ihnen in allen Bereichen – Essen, Körperpflege, Aufstehen, Hinlegen- abhängig. Man kann nicht mehr einfach dorthin gehen, wohin man möchte. Das ist eine sehr große Herausforderung. Aber für Christen ist es die letzte Schule der Demut. Das Alter ist der Feinschliff des Charakters, bei dem der letzte Funken Stolz sterben muss. Beim Sterben muss man schließlich alles loslassen und sich Gott vollständig anvertrauen.

Doch nicht nur beim Altern müssen wir Gott völlig vertrauen lernen. Diese Lektion müssen wir schon in jungen Jahren lernen. In 1. Thessalonicher 4,13-18 lesen wir, dass nicht alle Menschen den Tod schmecken werden. Es wird einige geben, die noch leben, wenn Jesus in den Wolken des Himmels wiederkommt, um seine Kinder nach Hause zu holen.

Auch sie müssen sich voll dem Seil hingeben und ihm vertrauen. Vor Jesu Wiederkunft werden die Elemente und die Menschen toben. Es wird Erbeben und andere Katastrophen geben. Die Menschen möchten die Gläubigen töten. Diese haben bereits alles verloren – ihren Besitz, Arbeit, vielleicht sogar Freunde und Familie. Nun soll ihnen noch ihr Leben genommen werden. Doch viel größer ist die Sorge um ihre Seele. Werden sie bestehen, wenn sie Jesus begegnen? Sind all ihre Sünden bereinigt? Werden sie vor einem heiligen Gott bestehen können? Satan wird diesen Gläubigen ihre ganzen Sünden in den schillerndsten Farben aufzeigen. Sein Ziel ist es, ihnen die jegliche Hoffnung auf Erlösung zu nehmen und so ihr Vertrauen in Gott zu zerstören. Er hätte damit Erfolg, wenn es da auch nur eine einzige Sünde gäbe, die nicht bereut wurde. Doch die Gläubigen, die bei Jesu Wiederkunft leben werden, haben ihr Vertrauen vollständig auf das Seil gesetzt. Nichts hält sie mehr in dieser Welt. Auch wenn ihnen ihr häufiges Versagen deutlich vor Augen steht, wissen sie, dass es bei Gott vollständig bereinigt wurde und so verlieren Satans Anklagen ihre Wirkung.

Dieses Vertrauen müssen wir hier und jetzt trainieren. Die Zeichen der Zeit deuten darauf hin, dass Jesu Kommen vor der Tür steht. Wie viel Zeit uns noch auf dieser Erde bleibt, weiß keiner. Doch jetzt ist es an der Zeit, diese Welt mit all ihren verlockenden Dingen loszulassen und sich Gott ganz hinzugeben. Was hält dich noch in dieser Welt? Bringe diese Dinge im Gebet vor Gott und bitte ihn, dass er den Platz dieser Dinge in deinem Herzen ausfüllt, so dass du diese Dinge nicht mehr benötigst. Durch die Kraft des Heiligen Geistes, kann Gott dein Herz verändern und dich lehren, ihm alles zu übergeben und ihm völlig zu vertrauen. Möge Gott in uns allen sein wunderbares Werk vollenden!

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18. Der Spätregen

Nach der kühlen und äußerst gefährlichen Schlucht,
die der Wanderer auf dem Pfad der Heiligung erklommen
hatte, kommt ihm jetzt die friedvolle Anhöhe wie ein Vorgeschmack
des Himmels vor. Wohltuend wärmt die Sonne die müden Glieder des Wanderers. Der süße Duft verschiedenster Blumen steigt dem Wanderer in die Nase. So eine Vielzahl und Schönheit an Blumen hat er noch nie gesehen! Das Gras wiegt gold und silbern glänzend leicht im Wind. Insekten und prächtige Schmetterlinge fliegen fröhlich von Blüte zu Blüte. Eine ganze Weile beobachtet der Wanderer das bunte Treiben auf dieser Wiese. Es lässt ihn über den Schöpfer staunen. Welche Liebe zum Detail, welche Fröhlichkeit und Kreativität stecken in diesem großen Wesen! Sehr bald würde er endlich vor ihm stehen und ihn noch so viel besser kennen lernen können!

Apropos! Es ist Zeit, den Weg fortzusetzen. Der Wanderer erinnert sich an die Worte Jesu, die er ihm auf dem Pfad der Heiligung mitgegeben hatte. Auf ihn wartet noch eine große letzte Prüfung. Diese Prüfung würde alles andere, was er bis jetzt erlebt hatte, weit in den Schatten stellen. Um hier bestehen zu können, erfordert es eine noch gründlichere Vorbereitung als je zuvor. Die kommende Prüfung war in gewisser Weise die Abschlussprüfung, um zu schauen, ob alle nötigen Qualifikationen für eine Bürgerschaft im Himmel angeeignet wurden.

Doch Gott weiß, dass diese Prüfung kein Mensch von sich aus bestehen kann. Das ist absolut unmöglich. Würde er seine Kraft nicht dazugeben, dann würde kein Mensch die Prüfung bestehen und alle würden auf ewig verloren gehen.

Dem Wanderer ist das mehr als bewusst. Auf seiner langen Reise hat er immer wieder aufs Neue Gottes Fürsorge und Treue erlebt. Er musste auch auf schmerzvolle Weise lernen, was es bedeutet, aus eigener Kraft durch die Trainingseinheiten gehen zu wollen. Beinahe hätte ihm das sogar mindestens zwei Mal das Leben gekostet (im Wald der Angst und auf dem Meer der Sorgen). Ihm ist völlig klar, dass er Gottes Beistand jetzt mehr denn je benötigte. Er erinnerte sich daran, wie er den Drachen nur aus Gottes Kraft besiegen konnte. Genau diese Kraftquelle möchte er nun erneut anzapfen.

Sorgfältige Herzensprüfung

Der Wanderer fällt auf seine Knie. Sein Gebet beginnt mit einem Rückblick auf seine Pilgerreise. Er bedankt sich bei Gott, dass er ihn durch sein Opfer von seiner schweren Last befreit und ihm das Bürgerrecht in der himmlischen Stadt ermöglicht hat. Er lobt Gott für die Hoffnung, die Liebe, die Kraft und den Frieden, den er durch seine Gegenwart erleben darf. Dankbar bringt er all die Gefahren und Freuden seines Weges vor Gott und preist dessen allmächtigen Arm, der ihn stets sicher geleitet hat. Danach bittet der Wanderer den Heiligen Geist, sein Herz auf Sünden zu durchforschen. Sorgfältig prüft er sein Herz, ob es noch irgendeine Schuld gibt, die noch nicht vor Gott bereinigt wäre. Traurig blickt er auf seine vielen Fehltritte und seinen Unglauben zurück. Wie oft hatte er an der Güte Gottes gezweifelt und sich dadurch unnötig Gefahren ausgesetzt oder seinen Weg erschwert!

Der Wanderer ist sich seiner Unzulänglichkeit und Unwürdigkeit bewusst. Er findet nichts in seinem Herzen, wofür er sich selber rühmen könnte. All die positiven Veränderungen in seinem Leben, alle Siege und Fortschritte hat Gott in ihm bewirkt. Tief in sich selbst sieht er nur Egoismus und Stolz. Unter Tränen bittet er Gott, sein Herz nach seiner Verheißung in Hesekiel 36,26+27 zu erneuern und ihn von all seinen Sünden zu reinigen:

„Und ich werde euch ein neues Herz geben und einen neuen Geist in euer Inneres geben; und ich werde das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben. Und ich werde meinen Geist in euer Inneres geben; und ich werde machen, dass ihr in meinen Ordnungen lebt und meine Rechtsbestimmungen bewahrt und tut.“

In seiner Ohnmacht klammert er sich an die göttliche Verheißung. Er vertraut auf das reinigende Blut Jesu und nimmt die Vergebung im Glauben an.

Ringen mit Gott

Doch er braucht noch mehr! Er benötigt die himmlische Kraft, um Gott treu zu bleiben. Zu den Tränen mischen sich Schweißperlen. Seine Hilflosigkeit übermannt ihn. Wie Jakob einst mit dem mysteriösen Fremden rang, so ringt auch jetzt der Wanderer mit Gott. Es geht um Leben und Tod. Es gibt nur diese beiden Möglichkeiten. Vor ihm steht nun der alles entscheidende Kampf. Würde er versagen, wäre er auf ewig von Gott getrennt. Würde er siegen, dann erhält er den Zutritt zum himmlischen Jerusalem und damit das ewige Leben. Der Wanderer möchte keinen weiteren Schritt ohne die Gewissheit der Nähe Gottes tun. Hilflos hält er sich an seinem Gott fest und ruft mit Jakob aus: „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn!“ Mit diesem Gebet vertraut der Wanderer sein irdisches und sein ewiges Leben ganz Gott an. Alle seine Sünden sind ihm vergeben. Er hat den Prozess der Heiligung abgeschlossen. Obwohl es ihm nicht bewusst ist, ist sein Leben ein Abbild seines himmlischen Vaters. Doch wie sein großes Vorbild, Jesus, sagte, dass er nichts aus sich selbst tue, sondern Gott seine Werke durch ihn tue, so lässt der Wanderer Gott seine Werke durch ihn bewirken. Sein Ego und der Drang nach Selbstdarstellung ist nun vollständig verschwunden. Alles, wonach sich der Wanderer sehnt, ist es, seinen Gott zu ehren und seinen Namen groß zu machen. Und wenn es selbst sein Leben kosten würde, so wäre er bereit, dankbar diesen Preis zu zahlen.

So besiegt der Wanderer nun Gott. Im vollen Bewusstsein seiner eigenen Unwürdigkeit hat er sich vollständig auf die Treue seines Gottes verlassen. Seine Bitte um besondere Kraft wurde erhört.

Die Erfüllung mit dem Heiligen Geist

Als der Wanderer noch kniet und betet, öffnet sich auf einmal der Himmel über ihn. Licht vom Thronsaal Gottes umgibt den Wanderer. Wie einst Stephanus, als er von seinem eigenen Volk gesteinigt wurde, sieht er den Thron Gottes. Er sieht, wie Jesus, sein Stellvertreter vor Gott steht und für ihn eintritt. Tiefer Friede kehrt ein als die Gewissheit des Friedens mit Gott sein Herz erfüllt. Nichts steht mehr zwischen ihm und Gott. Keine Sünde, kein Stolz steht mehr zwischen ihm und der Gemeinschaft mit der Quelle ewiger Freude!

In diesem Moment kommt eine weiße Taube vom Thron Gottes geflogen. Es ist der Heilige Geist, den Jesus als Beistand sendet, um den Wanderer durch die letzte Prüfung zu führen.

Der Heilige Geist war die ganze Zeit schon der stille Begleiter auf dem gesamten Weg gewesen. Er war es, der dem Wanderer den Mut und Kraft gab, voran zu gehen. Nur durch den Heiligen Geist hatte er es bis hierher geschafft. Die erste Ausgießung des Heiligen Geistes, den Frühregen, erhielt der Wanderer als er durch die schmale Pforte ging. Dies war die Taufe, durch die der Heilige Geist die Führung im Herzen eines Menschen übernimmt. Doch der Heilige Geist kann nur so viel im Herzen eines Menschen wirken, wie er dafür die Erlaubnis bekommt. Der Mensch entscheidet selbst, wie viel Raum er ihm gibt. Auch hier geht es wieder um das Vertrauen. Am Anfang des Glaubenslebens muss das Vertrauen in Gott erst gelernt werden. Je mehr ein Mensch Gott vertrauen lernt, desto mehr Kontrolle übergibt er ihm in seinem Leben. Doch wir Menschen neigen gern dazu, die Kontrolle selbst zu behalten. Deswegen ist so eine lange Pilgerreise nötig, um Gott immer mehr vertrauen zu lernen. Am Ende des Weges muss jeder gelernt haben, was es bedeutet, Gott ganz zu vertrauen und sich ihm vollständig auszuliefern. Wer sein Vertrauen 100% in Gott setzt, kann auch zu 100% vom Heiligen Geist erfüllt sein. So ein Mensch wird den Spätregen empfangen.

Der Spätregen

Der Spätregen hat mehrere Aufgaben. Hier in unserer Geschichte liegt der Hauptfokus auf der Vorbereitung auf die letzte Prüfung, die in der Bibel auch als „die Zeit der Angst in Jakob“ bezeichnet wird. Aber auf dem Bild ist auch ein reifes Getreidefeld zu sehen. Im alten Orient fiel der Frühregen im Frühjahr. Dadurch konnte die gesäte Saat aufgehen. So erhalten wir den Heiligen Geist bei der Taufe, damit Gottes Wort in uns lebendig wird und Frucht zum ewigen Leben hervorbringt. Im Herbst fiel dann der Spätregen. Er sorgte dafür, dass die Ernte ausreifte und eingeholt werden konnte. So dient der geistliche Spätregen dazu, die Ernte der Welt ausreifen zu lassen. Gottes Wirken wird noch einmal sehr deutlich in der Welt zu sehen sein. Jeder Mensch wird Gott richtig erkennen können. Mit diesem Wissen über Gottes wahres Wesen kann und muss er eine Entscheidung treffen, auf welcher Seite er im großen Kampf stehen möchte. Auf der Seite des Lammes oder des Drachens!

Damit jeder Mensch auch wirklich diese Wahl hat, müssen die Nachfolger Jesu, vollständig mit dem Heiligen Geist erfüllt sein, damit Gott mächtig durch sie wirken kann und sie mit Vollmacht die letzte Warnung einer untergehenden Welt verkündigen können. Das heißt im Umkehrschluss, dass die Menschen heute so wenig über den wahren Gott wissen, liegt daran, dass sein bekennendes Volk ihn zu wenig in ihren Herzen hat. Sie folgen lieber ihren eigenen Wünschen und geben dem Heiligen Geist nur einen begrenzten Raum zum Wirken. Aber Gott möchte das ganze Herz! Erst wenn wir, wie der Wanderer lernen, dass Gott jedes Bedürfnis in uns stillen kann und wir uns ihm ganz ausliefern, dann kann Gott anfangen mächtig zu wirken.

Wer hat die Kontrolle über dein Leben?

Die Ursache unserer Unzufriedenheit, Sorgen, Probleme und Nöte liegt daran, dass wir selbst die Kontrolle behalten wollen. Wir versuchen das zu tun, was Gott eigentlich für uns tun möchte. Warum fällt es uns nur so schwer, Gott alles hinzugeben? Vielleicht haben wir Angst, dass Gott uns etwas, was wir lieben, wegnimmt. Aber warum nimmt er es uns weg? Nicht weil er uns ärgern möchte, sondern weil er weiß, dass er etwas besseres für uns hat. Hier kommt wieder unser Gottesbild ins Spiel. Wenn wir wirklich von ganzem Herzen glauben würden, dass es Gott gut mit uns meint, dann würden wir nicht zögern, ihm auch das Liebste zu geben. Doch indem wir selbst die Kontrolle behalten wollen, stellen wir Gott als lieblos und kaltherzig dar. Aber wie wir bereits gesehen haben, ist Vertrauen ein Prozess, den wir lernen dürfen. Gott geht sehr geduldig mit uns mit. Wenn wir Fehler machen, schimpft er nicht mit uns. Wie ein liebevoller Vater, der seinem kleinen Baby hilft, laufen zu lernen, stellt er uns immer wieder auf die Füße, wenn wir fallen. Wenn wir wegen unserer Schwachheit weinen, nimmt er uns in seine liebevollen Arme und tröstet uns. Er macht uns Mut, es noch einmal zu probieren. Auch wenn wir oft fallen, wenn wir immer wieder aufstehen, kommt doch irgendwann der Sieg!

Damit wir schneller voran kommen, ist uns der Heilige Geist als Helfer gesandt. Er tröstet, gibt Mut und Kraft und sichert uns die ewige Treue Gottes zu. Wir müssen seiner Führung nur vertrauen und mutig voran gehen. Dann werden wir, wie der Wanderer, den Punkt erreichen, an dem unser eigenes Ego vollständig gestorben ist und Gott uns durch seinen Geist vollkommen ausfüllt. Dann sind auch wir bereit, die letzte Prüfung zu bestehen!

Also gib nicht auf, die Heimat des ewigen Friedens ist nahe! Halte deinen Blick fest auf dieses Ziel gerichtet! Schau auf die unendliche Liebe unseres Gottes, der alles für dich gegeben hat! Bald wird er kommen, um die zu sich zu holen, in denen er sich vollständig widergespiegelt sehen kann! Gott hat versprochen, das in dir zu bewirken! Vertraue seinem Versprechen und du wirst es erleben, wenn du darum im Glauben bittest!

Hier geht es zur letzten Prüfung auf der Reise des Wanderers!

17. Der Pfad der Heiligung

Es herrscht Stille.
Kein Zwitschern von Vögeln ist zu hören.
Man hört nur das leise Summen des Windes, wenn er sich in den rauen Felskanten verfängt. Als der Wanderer sich umsieht, sieht er zu seiner Rechten eine hohe, massive Felswand, deren Ende er nicht erkennen kann. Zu seiner Linken klafft ein endloser, dunkler Abgrund. Er ist so schwarz, dass man seine Tiefe nicht erahnen kann. Nebelschwaden steigen aus dem Abgrund empor und lassen eine nahezu gespenstige Stimmung aufkommen. Entlang der schroffen Felswand ist ein schmaler Pfad eingehauen, der steil nach oben führt. Die Treppe ist so schmal, dass nur eine Person entlang gehen kann. Zur linken Seite befindet sich kein Geländer. Wer also ausrutscht oder sein Gleichgewicht verliert, fällt in die unendliche schwarze Tiefe.

Doch all dies beunruhigt den Wanderer in keinster Weise. Soeben hatte er mit Gottes Hilfe den Drachen besiegt. Was konnte jetzt noch schlimmeres auf ihn zukommen?

Was ist eigentlich Heiligung?

Mutig und festen Schrittes setzt er seinen Weg fort. Ein Wegweiser lässt ihn wissen, wo er sich aktuell befindet. Vor ihm liegt der schmale Pfad der Heiligung. Der Wanderer denkt ein wenig über das Wort „Heiligung“ nach. Er hat schon einmal von „Heiligen“ gehört. Das sind aber keine frommen Menschen, die irgendwelche Wunder bewirken und bei Gott eine besondere Stellung innehabe. Nein, laut seiner Bibel sind Heilige all jene, die Jesus nachfolgen. Dies bedeutet, dem Vorbild Jesu nachzueifern und sich vom Heiligen Geist den Charakter verändern zu lassen. „Heiligung“ muss also der Prozess sein, indem das eigene unvollkommene Wesen in das vollkommene Abbild Gottes verwandelt wird. Gott hat den Menschen in seinem Bilde geschaffen. Die Sünde hat dieses wunderschöne Bild in dem Menschen zerstört. Gott möchte es wieder in jedem Menschen herstellen. D.h. er möchte das Ego, den Stolz, Neid, Hass, Bitterkeit, Sorgen, Ängste, schlechte Gewohnheiten und Süchte aus dem Leben der Menschen entfernen. Stattdessen möchte er seine Wesensmerkmale einsetzen. Diese sind die Früchte des Geistes, die wir in Galater 5,22+23a: „Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit.“

Diese Veränderung möchte der Heilige Geist in jedem Menschen bewirken. Niemand kann sein Herz wirklich von Grund auf ändern. Wir können äußerlich ein paar schlechte Gewohnheiten ablegen und uns ein gutes Benehmen aneignen. Doch das Herz bleibt verdorben. Das kann nur Gott erneuern. Bei der Heiligung geht es nicht um eine Veränderung der Gewohnheiten, sondern um eine Veränderung des Herzens.

Auf und Ab

Hochmotiviert erklimmt der Wanderer die ersten unebenen Felsstufen des Pfades der Heiligung. Er möchte nichts sehnlicher als seinem geliebten Jesus noch ähnlicher zu werden. Ja, dieser Weg erfordert einige Anstrengung und Selbstverleugnung. Doch der Wanderer ist sich sicher, dass er es mit Gottes Hilfe schaffen kann. Der Pfad führt ihn steil nach oben. Er drängt sich dicht an die Felswand, um nicht in den Abgrund der Sünde abzurutschen. Er weiß, dass ein kleiner Fehltritt ihm das Leben kosten könnte.

Doch auf einmal geschieht etwas merkwürdiges. Der Pfad sollte immer steil nach oben führen. Aber jetzt macht er genau das Gegenteil: er nach unten ab – es geht bergab. Nach einer Weile geht es wieder steil bergauf. Doch es dauert nicht lange, dann geht es wieder umso steiler bergab in ein dunkles Tief. Dies wiederholt sich noch einige Male.

Nach einer Weile ist der Wanderer frustriert. Zu Beginn hatte der Pfad gar nicht so lang ausgesehen, doch jetzt fühlt er sich endlos an. Dieses ständige bergab und das darauffolgende bergauf kostet unglaublich viel Kraft und Zeit.

Der Wanderer beginnt darüber nachzudenken. Sein Wunsch und sein Ziel ist die Stadt im Himmel zu erreichen. D.h. sein Weg muss nach oben, in Richtung Himmel, führen. Unten, im Abgrund der Sünde, war er vor Beginn seiner Reise gewesen. Viele Jahre war er dort gefangen gewesen. Auf seiner Pilgerreise hatte er bereits viele Höhenmeter zurückgelegt, denn der Abgrund der Sünde scheint weit unter sich zu liegen. Dorthin wollte er keinesfalls zurück! Aber warum geschah es immer wieder, dass der Weg ihn ein Stückchen in diese Richtung führte?

Während er sich wieder langsam den schmalen Pfad hinauf kämpft, denkt er ein wenig über die Bedeutung des Aufs und Abs nach. Bergauf bedeutet, dass er richtig unterwegs ist. Bergauf führt ihm seinen Ziel, dem himmlischen Jerusalem, immer näher. Um ein Anrecht auf das Bürgerrecht in der himmlischen Stadt zu haben, muss der Charakter dem Charakter des Gesetztes der himmlischen Regierung entsprechen. Nur wer während seiner Pilgerreise sich diesen Charakter aneignet, dem wird der Zutritt in die himmlische Stadt gewährt. Der Pfad der Heiligung dient dazu, diesen Charakter zu entwickeln.

Der Weg ist schmal und steil. Es erfordert beständiges Wachen und Beten, dass man nicht hinunterfällt und wieder im alten sündigen Leben und damit im ewigen Tod landet. Man muss sich zudem nahe an der Felswand halten, welche einem Halt und Schutz bietet. Dieser Fels ist Jesus. Wer in seiner Nähe bleibt und sich an ihn klammert, wird voran kommen.

Doch leider ist keines Christen Weg eine gerade Linie nach oben. Das sündige Herz lässt sich nicht so schnell verändern. Da wir alle in einer kaputten Welt aufgewachsen sind, haben wir nicht gelernt, was es bedeutet zu vertrauen. Besonders Gott vertrauen wir am wenigsten. Wie schnell zweifeln wir an seiner Liebe für uns und dass er für jedes Problem schon längst eine Lösung parat hat. So passiert es, dass man alte Gewohnheiten aus dem alten Leben nicht so schnell aufgeben kann bzw. man immer wieder rückfällig wird. Immer wieder stolpert man über seinen eigenen Stolz oder sein kaltes Herz. Immer wieder verletzt man geliebte Menschen mit einem ungeduldigen Wort. Man tut all dies und mehr, obwohl man es eigentlich gar nicht will. Man möchte ganz bei Gott sein, ihm alles übergeben. Jeden Morgen bittet man im Gebet darum, doch irgendwann im Laufe des Tages kommt wieder eine Situation in der man versagt. Wieder einmal konnte man sich beim Essen nicht beherrschen, wieder hat man sich beim Autofahren über die anderen Verkehrsteilnehmer aufgeregt. Wieder wurde man von einer anstrengenden Person genervt. Von einer anderen Person wurde man verletzend behandelt oder nicht gewürdigt. Wieder einmal hat man sich aufgeopfert und was ist der Dank? Schon wieder ist einem ein falsches Wort heraus gerutscht, obwohl man es nicht wollte.

Das kann manchmal sehr frustrierend sein. Immer und immer wieder bringt man seine Schwachpunkte vor Gott und immer wieder versagt man.

Meine eigene Erfahrung

So erging es mir viele Jahre. Zu Beginn meines Glaubenslebens hatte ich das Konzept der Rechtfertigung und Heiligung noch nicht verstanden. Mir war es sehr wichtig, mich taufen zulassen, denn meine Hoffnung war, dass nach der Taufe all diese sündigen Gewohnheiten und Sehnsüchte in meinem Herzen verschwunden wären. Doch das war leider nicht der Fall. Nach meiner Taufe kämpfte ich genauso gegen die Esslust, gegen okkulte Filme und Musik wie davor. Ich fragte mich, was sich überhaupt geändert hatte? Nach einer Weile wurde ich immer frustrierter. Ich flehte Gott unter Tränen an, mich von diesen Dingen frei zumachen. Aber es geschah nichts. Langsam begann ich mich zu fragen, ob Gott nicht stark genug sei, mir zu helfen. Oder war mein Glaube nicht stark genug? Meine Verzweiflung wuchs zunehmend. Ich kam an den Punkt, an dem ich zu Gott sagte: „Entweder du hilfst mir jetzt oder ich werde meinen Glauben wieder aufgeben!“

Kurz bevor ich verzweifelt aufgab, schickte Gott mich auf die Josia-Missionsschule im Allgäu. Ich wollte dort nicht hin. Aber da ich so verzweifelt war, bewarb ich mich im letzten Moment und wurde genommen. Dort lernte ich einen ganz anderen Gott kennen. Ich lernte, was Rechtfertigung bedeutet. Bis dahin glaubte ich, dass wenn ich sündigte, ich wieder komplett verloren sei und ganz von vorne anfangen müsste. In unserem Bild gesprochen hatte ich es so verstanden, dass ich bei jeder sündigen Tat in den dunklen Abgrund der Sünde zurückfallen würde und wieder den ganzen Weg von vorne beginnen müsste. So kam man natürlich nie wirklich vorwärts. Auf der Missionsschule verstand ich, dass ich durch die Rechtfertigung in Gottes Augen von der Sünde befreit war. Meine Schuld war mir vergeben und Gott hatte mir das ewige Leben geschenkt. Ich war gerettet. In den dunklen Abgrund der Sünde konnte ich nur zurückfallen, wenn ich mich vollständig von Gott abwenden würde.

Von der Ursache und den Symptomen

Trotzdem tauchen immer wieder Sünden im Leben auf. Es war für mich ein langer Prozess zu verstehen, dass diese Sünden nur die Symptome einer viel tiefer liegenden Krankheit sind. Es bringt also gar nichts, die Symptome zu bekämpfen, wenn die Ursache nicht gelöst wird. Ganz im Gegenteil: Je mehr man die Symptome bekämpft, um so hartnäckiger werden sie. Erst vor Kurzem begriff ich, dass unser Herz von der Sünde gebrochen ist. Jeder von uns hat diese schwarzen Flecken im Herzen, die durch diese böse Welt verursacht worden. Oft gerade von unserer eigenen Familie. Diese schwarzen Flecken versuchen wir mit allen möglichen Dingen selbst zu heilen. Das kann die Suche nach Liebe, gutes Essen, Geld, Musik, Filme und vieles mehr sein. Doch wir können die Wunden unseres Herzens damit nicht heilen. Leider passiert oft das Gegenteil. Je mehr wir diesen Dingen nachjagen, umso größer werden diese Wunden im Herzen. Selbst wenn wir uns entschieden haben, mit Jesus unseren Weg zu gehen und ihm die Führung unseres Lebens anvertrauen, nimmt er nicht sofort alle Sünden weg. Von sehr schädlichen Sünden wie Süchten macht er sofort frei. Aber viele andere Dinge lässt er noch in unserem Herzen, damit wir daran wachsen können. Hier beginnt der Prozess der Heiligung. In Gottes Augen sind wir bereits gerecht und vollkommen, weil Jesus unsere Stelle einnimmt. Gott akzeptiert seine Gerechtigkeit als die unsrige. Das ist das unglaubliche Geschenk, das wir von Gott erhalten. Doch wie bereits erwähnt, möchte Gott seinen Charakter in uns wiederherstellen. Er weiß, dass nur sein Leben und Wesen in uns wahres Glück und Frieden bringen kann. So beginnt er Stück für Stück unser sündiges Herz zu heilen. Um auf dem Pfad der Heiligung wirklich voran zukommen, müssen wir uns täglich mit dem Heiligen Geist erfüllen lassen. Unser Leben muss vollständig Gott geweiht und übergeben werden. Dazu gehört eine intensive Zeit des Gebets, in dem wir unsere Herzen prüfen, von Gott reinigen lassen und uns ihm hingeben sowie Zeit im Wort Gottes. Durch das Bibelstudium lernen wir Gott noch besser kennen. Dadurch erkennen wir unsere eigene Unvollkommenheit. Die Bibel wirkt wie ein Spiegel, der uns unsere Flecken aufzeigt. Das kann oft entmutigend sein.

Der innere Drache

Lasst uns an dieser Stelle noch einmal kurz zu unserem Wanderer zurückkehren: Voller Siegesgewissheit hatte er die Höhle des Drachens hinter sich gelassen und begonnen den Pfad der Heiligung zu beschreiten. Doch er musste eine schreckliche Feststellung machen! Obwohl er jetzt schon so lange mit Gott unterwegs war, fiel er immer wieder in alte Gewohnheiten zurück von denen er dachte, er habe sie schon längst hinter sich gelassen. Beim Drachen konnte er der Esslust in Form eines Schweinsbratens widerstehen. Doch als es darum ging, nicht zu viel vom Guten zu genießen, versagte er. Immer wieder konnte er beim köstlichen Potluck in der Gemeinde all dem guten Essen nicht widerstehen und aß zu viel an Menge und alles durcheinander. Die Folge war Unwohlsein und überreizte Nerven. Dies schwächte ihn in seinem Dienst für Gott. Es gab noch so viele andere Dinge, bei denen der Wanderer immer wieder versagte. Langsam dämmerte es ihm: Der Kampf mit Drachen in der Höhle war nichts im Vergleich mit dem Kampf gegen seinen inneren Drachen.


Der Drache in ihm ist noch immer sehr lebendig und stets bereit, für seine Rechte zu kämpfen, seine Bedürfnisse zu befriedigen und den eigenen Vorteil zu suchen. Traurig erkennt der Wanderer, dass er selbst der Drache ist! Dabei möchte er doch so gerne wie das Lamm sein, dem er nachfolgt. Traurig und tief verzweifelt fällt er auf seine Knie und weint bitterlich über sein von Sünde beflecktes Herz. Alles, was er sehen kann, ist ein unvollkommenes, fehlerhaftes Wesen, was mehr Schaden anrichtet als Segen. Entmutigung macht sich in ihm breit. Wie kann er jemals für die Gemeinschaft mit himmlischen Wesen bereit sein, geschweige denn für einen heiligen Gott, der die Sünde verabscheut?

Auf einmal dringt eine leise, sanfte, wohlvertraute Stimme an das Ohr des Wanderer, die sagt: „Schau auf mich, nicht auf deine Sünden!“ Oder wie es meine Lieblingsautorin Ellen G. White ausdrückt: „Wenn ich auf mich selbst schaue, dann frage ich mich, wie ich gerettet werden kann. Wenn ich aber auf Jesus schaue, dann frage ich mich, wie ich verloren gehen kann.“
Oh, wunderbare Liebe! In Jesus ist die Hoffnung für jeden entmutigten Pilger!

Der Wanderer blickt auf und sieht auf der Treppe seinen Erlöser sich zu ihm herunterbeugen. Sein Arm ist dem Wanderer entgegen gestreckt. Mit zitternder Hand ergreift er die starke Hand seines Erlösers. Dabei sieht er die Nägelmale. Diese erinnern den Wanderer an den hohen Preis, den Jesus für ihn höchstpersönlich gezahlt hatte. Er erkennt, dass Gott alles ihm mögliche getan hat, um ihn zu retten. Alles, was der Wanderer tun muss, ist dieser unendlichen Liebe zu vertrauen und sich ihm ganz hinzugeben. Jesus stellt den Wanderer wieder auf seine Füße. Sofort durchströmt diesen neue Kraft und Mut. Jesus spricht zu ihm: „Sei nicht entmutigt, wenn du auf diesem Pfad immer wieder versagst. Der Pfad dient dazu, dir die Dinge in deinem Herzen aufzuzeigen, die ich noch verändern und heilen möchte. Es gibt noch einige Löcher, die du versuchst mit irdischen Dingen zu stopfen. Du weißt schon selber, dass diese Dinge dir schaden, aber du hast noch nicht gelernt, mir zu vertrauen, dass ich diese Bedürfnisse viel besser stillen kann. Werde deswegen nicht mutlos, wenn du erkennst, dass deine Liebe und dein Vertrauen so unvollkommen ist. Du bist auf diesem Pfad, um das zu trainieren. Ich weiß nicht, ob es dir aufgefallen ist, aber obwohl du immer wieder etwas nach unten gegangen bist, ging dein Weg doch konstant bergauf. Es waren immer mindestens drei Schritte nach oben und nur maximal zwei nach unten. Also ging es insgesamt immer einen Schritt vorwärts. Die Verwandlung vom Drachen in ein Lamm geschieht nicht über Nacht. Das ist ein langer, schmerzhafter Prozess. Doch der Fokus ist entscheidend! Wenn du mehr auf den Drachen in dir schaust und dich darüber ärgerst, gewinnt er an Macht und wird stärker. So wirst du ihn nie überwinden. Wenn du stattdessen auf mich schaust, wirst du ganz automatisch in das Lamm verwandelt. Denn du wirst den Dingen ähnlicher mit denen du dich beschäftigst. Also halte den Blick fest auf mich gerichtet, stütze dich auf den mächtigen Felsen! Geh im Glauben voran, auch wenn alles dagegen spricht! Handle so, als würde der Sieg dir gehören, auch wenn die Gefühle etwas anderes sagen! Dann wird der Drache in dir besiegt werden!“

Das Ende des Pfades ist in Sicht!

So setzen die beiden den Weg fort. Der Wanderer klammert sich fest an Jesus, hält seinen Blick fest auf ihn gerichtet. Selbst so passiert es, dass der Weg ihn abermals ein Stück nach unten führt. Aber jetzt lässt sich der Wanderer nicht mehr von seinen Schwächen entmutigen. Vielmehr treibt ihn seine Schwachheit noch näher zu Jesus. Ohne dass er es selber merkt, macht er schnelle Fortschritte auf dem Pfad der Heiligung. Immer mehr sündige Flecken verschwinden von seinem Herzen und sein Charakter wird dem seines Herren immer ähnlicher.

Auf einmal kommen die beiden an einen Wegweiser, der zum himmlischen Jerusalem weist. Beim Anblick dieses Schildes macht des Herz des Wanderers einen Freudensprung. Das Ziel seiner langen Reise scheint nicht mehr all zu weit zu sein! Jesus lächelt ihm ermutigend zu: „Ja, du hast es bald geschafft! Nun ist es nicht mehr weit, bis du zur ewigen Ruhe eingehen kannst. Doch eine letzte Prüfung steht noch an. Auf all den Herausforderungen deines bisherigen Weges wurde dein Vertrauen in mich auf die Probe gestellt und trainiert. Du hast sehr viel gelernt. Jetzt kommt die Zeit für die letzte Trainingseinheit. Nun heißt es auch die letzten irdischen Dinge, auf die du dich verlassen hast, loszulassen und dein ganzes Vertrauen auf mich allein zu setzen. Aber keine Sorge! Ich lass dich nicht allein durch diese Prüfung gehen. Du wirst durch den Heiligen Geist ganz besondere Kraft erhalten. Er wird dir helfen, alles in dieser Welt loszulassen – selbst dein Leben. Bestehst du diese Prüfung, wirst du das gewinnen, was du nie mehr verlieren kannst!“

Mit einem ermutigenden Lächeln entschwindet Jesus den Blicken des Wanderers. Dieser erklimmt die letzten Stufen auf dem Pfad der Heiligung während er über die Bedeutung der Worte nachdenkt.

Hier geht es zur Fortsetzung der Geschichte! 

Gewinnen, was man nicht verlieren kann

(Hinweis: Dieser Beitrag unterbricht auch noch einmal meine Erklärung
vom breiten und schmalen Weg)

Hallo liebe Leser,

ich möchte euch heute ein sehr persönliches Projekt vorstellen. Es bewegt mich schon seit längerer Zeit. Ich habe sehr viele Stunden daran gesessen und es immer und immer wieder überarbeitet. Auch jetzt feile ich noch am Feinschliff. Aber ich denke, es ist dennoch an der Zeit, euch das Bild vorzustellen. Doch lasst uns von vorne beginnen.

Wie alles begann

Die Geschichte dieses Bildes begann vor ziemlich genau drei Jahren. Es war Oktober 2021. Wie ich schon ab und zu in meinen Beiträgen berichtet hatte, waren die Jahre 2020 und 2021 nicht gerade leicht für mich. Ich hatte massive Probleme mit meiner Schilddrüse. Hinzu kam die Corona-Pandemie. In dieser Zeit lebte ich noch im schönen Oberbayern. Doch durch meine gesundheitlichen Probleme und die Corona-Maßnahmen fühlte ich mich einsam. Ich wünschte mir jemanden an meiner Seite. In meiner tiefen Not flehte ich Gott um Hilfe an. Manchmal erhört Gott unsere Gebete, einfach weil wir so dringend darum bitten und nicht unbedingt, weil es seinem Plan entspricht. So auch in diesem Fall. Mein Gebet wurde erhört. Ich lernte einen gläubigen jungen Mann kennen. Gott schenkte uns drei wundervolle Monate mit vielen großen und kleinen Wundern. Es war einfach unglaublich, wie sehr wir mit schönen Erlebnissen in der Natur gesegnet wurden. Hier ein paar Eindrücke von einer Invasionswetterlage und Winterwonderland:

Doch bald mussten wir feststellen, dass wir unseren Glauben zu verschieden lebten. Wir mussten uns eingestehen, dass eine gemeinsame Zukunft keinen Sinn machte. So trennten sich unsere Wege im Dezember 2021 wieder. Das war unglaublich hart für mich, wenn auch mein Verstand wusste, dass es das Beste war. Doch das war noch nicht alles!
Schon seit dem Sommer 2021 beschäftigten mich ernsthafte Gedanken, Bayern zu verlassen und nach Leipzig zurückzuziehen. Im Dezember wurde die finale Entscheidung für einen Umzug getroffen. Schweren Herzens reichte ich bei meiner Chefin die Kündigung ein. Eine Woche später wurde die Corona-Impfpflicht für die Gesundheitsberufe verabschiedet. Jetzt hatte ich ein Problem. Meine neue Chefin konnte mich nicht anstellen, wenn ich nicht geimpft oder genesen wäre. Ich war beides nicht. Eine Impfung kam für mich absolut nicht in Frage. Ich überlegte, was ich beruflich machen könnte, wenn ich nicht als Ergotherapeutin arbeiten dürfte. In meinen Gedanken sah ich mich schon Pizza ausfahren oder irgendeinen anderen Hilfsjob ausüben.

Die nächste Frage war: wo würde ich wohnen? Ohne Arbeit konnte ich mir keine eigene Wohnung leisten. Auch sah der Wohnungsmarkt in Leipzig nicht gerade rosig aus.

Als wäre das alles noch nicht genug, bangte ich darum, ob ich mein Auto noch einmal durch den TÜV bekommen würde. Ein neues Auto wäre finanziell nicht möglich gewesen.

Mit einem Schlag wurde mir klar: wenn alles schief läuft, hätte ich auf einmal alles verloren. Innerhalb eines Monats wurde mein Traum von einer eigenen Familie zerschlagen, meine Wohnung war gekündigt ohne eine Perspektive auf eine Neue, meine neue Arbeit konnte ich nicht antreten und mein Auto ließ mich auch noch im Stich. Dazu die gesundheitlichen Probleme, die sich in einer absoluten Kraftlosigkeit zeigten. Ich war am Ende meiner Kräfte.

Ich konnte keine Lösung für all meine Probleme sehen. Am schlimmsten war der zerplatzte Traum einer eigenen Familie. Seit meiner Kindheit hatte ich mir nie etwas anderes gewünscht als Ehefrau und Mutter zu sein. Doch da stand ich, 31 Jahre alt, ohne Mann, ohne Arbeit, ohne Wohnung, fast auch ohne Auto. Meine hormonelle Lage dramatisierte die Lage noch mehr.

Jim und Elisabeth Elliot

Kurz vor Weihnachten besuchte ich eine liebe und tiefgläubige Freundin in München. Sie empfahl mir ein Buch, „Sacred Singleness“, von Leslie Ludy zu lesen. Ich sagte ihr, dass ich die ganzen Prinzipien über Beziehungen schon kenne. In meinen frühen Zwanzigern habe ich viele Bücher über das Thema gelesen und wusste daher also bestens darüber Bescheid – zumindest in der Theorie.

So fuhr ich Weihnachten zu meinen Eltern nach Hause. Ich war unglaublich erschöpft und entkräftet. Viele Stunden lag ich einfach nur auf dem Bett oder dem Sofa, weil ich zu fast nichts anderem in der Lage war.

In meinen Andachtszeiten bahnte sich aber immer wieder ein Gedanke in mein Bewusstsein: Bestell dieses Buch, von dem dir deine Freundin erzählt hatte! Dieser Gedanke ließ mich nicht mehr los. Schließlich kaufte ich eine gebrauchte Version des Buches im Internet. Zurück in Bayern begann ich im neuen Jahr darin zu lesen. Es packte mich! Ja, die Prinzipien waren nicht neu für mich, aber ich kannte sie nur in der Theorie. Das, was mich am meisten ansprach, war die Geschichte von Elisabeth und Jim Elliot.

Beide hatten sich für ein Leben der absoluten Hingabe an Gott entschieden. Auch bei der Frage nach dem richtigen Lebenspartner wollten sie Gott die Führung überlassen. Als die beiden sich kennenlernten, fühlten sie sich zueinander hingezogen. Doch Jim offenbarte Elisabeth, dass er zwar Gefühle für sie habe, diese aber an Gott abgegeben hätte. Beide entschieden sich um Gottes Führung zu beten. Sie beteten, dass wenn Gott sie zusammen haben wollte, er sie entsprechend führen möge. Was denkst du, wie lange sie für einander gebetet haben?

Fünf Jahre haben sie gebetet! Erst nach fünf Jahren waren alle Türen für eine Hochzeit und einen gemeinsamen missionarischen Dienst geöffnet.

Was denkst du, wie lange die beiden verheiratet waren? Jim und Elisabeth heirateten im Oktober 1953. Am 08.01.1956 wurde Jim mit anderen Missionaren von Huaorani-Indianern in Ecuador ermordet. Elisabeth blieb mit ihrer gemeinsamen kleinen Tochter zurück. Die Ehe, für die sie fünf Jahre gebetet hatte, endete nach nicht einmal zweieinhalb Jahren. Die beiden wussten, dass die Chancen nicht gut standen, dass sie sich wiedersehen würden. Dennoch ließ Elisabeth ihren Mann ziehen. Sie wusste, dass sie ihn nicht behalten konnte, weil er nicht ihr gehörte, sondern Gott. Sie übergab ihren Mann und ihre Gefühle für ihn ihrem himmlischen Vater. Dieses Vertrauen brachte sie und eine Schwester einer der ermordeten Missionare dazu, dass sie zu den Leuten gingen, die ihre Liebsten umgebracht hatten. Sie vergaben diesen Menschen und lebten unter ihnen. Dadurch kam der gesamte Stamm zum Glauben.

Alles aufgeben, um alles zu gewinnen

Diese Geschichte traf mich in meinem Innersten. Am Anfang fiel es mir schwer zu verstehen, warum sie fünf Jahre warteten, bis sie heirateten. Statt zweieinhalb Ehejahren hätten sie locker sieben haben können. Doch beide stellten den Dienst für Gott an die erste Stelle. Gott führte beide an unterschiedliche Orte, wo sie ihm dienen konnten. Erst fünf Jahre später fügte es sich so, dass sie im gleichen Land als Missionare tätig waren.

Ein Zitat von Jim Elliot brannte sich mir ein. Es sollte mein Leben auf den Kopf stellen und zu meinem neuen Lebensmotto werden. Jim Elliots Leitmotto lautete so:

„He is no fool who gives what he cannot keep, to gain what he cannot lose.“

Zu deutsch: „Man ist kein Narr, wenn man das gibt, was man nicht behalten kann, um das zu gewinnen, was man nicht verlieren kann.“

Über diesen Satz muss man erst einmal eine Weile nachdenken, aber er macht Sinn! Wenn man mal genauer darüber nachdenkt, dann können wir in diesem Leben nichts behalten. Schneller als man denkt kann das mühsam angesparte Geld von heute auf morgen weg sein. Mein Auto kann in einem Augenblick durch einen Unfall zu Schrott werden. Ich kann ganz schnell meinen Arbeitsplatz oder meine Wohnung verlieren. Der Tod kann uns urplötzlich den liebsten Menschen nehmen. Auch meine Gesundheit kann ich ganz schnell verlieren.

Egal wie sehr man sich bemüht, man kann diese Dinge nicht behalten. Und doch halten wir uns so krampfhaft daran fest. Ich glaubte jahrelang, ich könne nur wirklich glücklich sein, wenn ich einen Partner hätte. Die Hoffnung auf ein eigenes Familienglück war das, woran ich mich festhielt. Der Gedanke, als Single zu leben, war für mich unvorstellbar. Doch als ich das Buch las, dämmerte mir, dass Gott von mir verlangte, diesen Traum auf seinen Altar zu legen. Dieser Gedanke erschreckte mich zutiefst. Ich kann es kaum in Worte fassen. Es fühlte sich so an, als würde ich an einem Abgrund stehen. Dieser war so tief und dunkel, dass man das Ende nicht erblicken konnte. Wenn man springen würde, würde das den sicheren Tod bedeuten. Genauso fühlte es sich für mich an, als Gott mich sanft aufforderte, meinen Traum an eine Ehe und Familie loszulassen und ihm zu übergeben. Ich dachte, es zerreißt meine Seele. Es begannen Tage geistlicher Kämpfe. Es fühlte sich so an, als würde ich sterben, wenn ich diesen Wunsch loslasse. Doch auf der anderen Seite sehnte ich mich nach Ruhe und Frieden. Diesen konnte ich nicht erreichen, solange ich diesem Wunsch nachjagte, denn ich merkte, dass dieser unerfüllte Wunsch mit innerlich auffraß.

Immer wieder kam mir dieser Satz von Jim Elliot in den Sinn. Ich kann nicht erzwingen, dass mein Traummann in mein Leben tritt. Es macht keinen Sinn, dem hinterherzurennen, wenn es nicht Gottes Plan für mich ist. Ich könnte mich zwar krampfhaft daran festhalten, doch ich wusste, dass ich daran früher oder später zerbrechen würde. Also warum nicht das geben, was man eh nicht behalten kann?

Nach vielen Kämpfen und Gebet unter Tränen kam der Sieg! Ich übergab Gott meinen tiefsten Wunsch nach einer eigenen Familie, danach von einem Mann geliebt und beschützt zu werden. Ich entschied mich, in den dunklen Abgrund zu springen. Ich wusste nicht, was mit mir geschehen würde. Es fühlte sich wirklich so an, als würde ich sterben. Es waren starke seelische Schmerzen. Ich konnte den Boden des Abgrunds nicht sehen. Doch ich glaubte felsenfest an einen liebevollen Gott, der mich auffangen würde, bevor ich auf dem tödlichen Boden aufschlagen würde. Und er tat es auch!

Nachdem ich mein Gebet gesprochen hatte, kehrte ein tiefer Friede in mein Herz. Ich wusste, Gott trägt mich. Ich ließ nicht nur meinen Wunsch nach einem Partner und einer Familie los, sondern übergab Gott auch meine Arbeits- und Wohnsituation sowie mein Auto. Oft hört man, dass wenn man Gott den Wunsch nach einem Partner übergibt, Gott kurz darauf den Richtigen über den Weg schickt. Das war bei mir nicht der Fall. Nun sind schon knapp drei Jahre ins Land gegangen und ich bin noch immer Single – aber glücklich! Seit diesem Gebet im Januar 2022 kann ich zuversichtlich in die Zukunft schauen. Ich wollte nie große Pläne für die Zukunft machen, weil ich immer damit rechnete, dass jederzeit mein Traummann um die Ecke kommen würde. Ich war bereit gewesen für ihn alles stehen und liegen zu lassen. Doch jetzt konnte ich mir eine Zukunft aus Single vorstellen – eine Zukunft mit einem erfüllten Leben. Das war vorher unvorstellbar.

Neuanfang

In den darauffolgenden Tagen nach meinem Übergabegebet begannen sich meine Probleme in Luft aufzulösen. Ich bekam zwei ärztliche Bescheinigungen, dass ich mich nicht gegen Corona impfen lassen brauchte. Somit konnte ich meine neue Arbeit in Leipzig antreten. Mein Auto wurde von einem guten Freund wieder fahrtüchtig gemacht und bekam den TÜV. Auch das Wohnungsproblem löste sich, als ich mich entschied, vorübergehend zu meinen Eltern zurück zu ziehen. Das war für mich ein schwerer Schritt, weil es sich wie Versagen anfühlte mit 31 Jahren zu den Eltern zurückzuziehen. Doch im Gebet legte mir Gott immer wieder diesen Gedanken aufs Herz bis ich schließlich meinen Stolz aufgab und der Idee zustimmte. So löste ich meine Wohnung in Bayern auf.

In einem gewissen Sinne gab ich mit dem Umzug wirklich alles auf, was mir vorher wichtig war. Ich zog von einer geräumigen 2-Raum-Wohnung in mein Kinderzimmer zurück.

Mit dem Umzug nach Leipzig begann ein neuer Lebensabschnitt. Wenn ich so auf die letzten zweieinhalb Jahre zurückschaue kann ich ohne zu übertreiben sagen, dass dies die glücklichsten Jahre meines Lebens waren. Sie waren nicht leicht. Denn kurz nach meiner Rückkehr in die alte Heimat bekam ich den Ruf als Bibelarbeiterin im Minijob zu arbeiten. Dies löste meine finanziellen Probleme und war eine Antwort auf ein Gebet, dass ich schon sehr lange betete, nämlich, dass ich Gott dienen dürfte. Doch diese Arbeit ist herausfordernder als ich es mir je vorgestellt hatte. Mehrmals bin ich bereits an die Grenzen meiner Kräfte gekommen.

Doch der Segen, den ich selbst aus dieser Arbeit empfange, ist mit nichts auf dieser Welt aufzuwiegen. Kein Mann, kein Geld, kein Haus, kein Auto dieser Welt kann diese Erfüllung bieten, welche der empfängt, der für die Rettung von Menschen arbeitet. Besonders das gemeinsame Studieren der Bibel mit Menschen, die Gott kennen lernen wollen, ist für mich der größte Segen. Durch das Bibelstudium habe ich Gott ganz neu kennen gelernt und mich in ihn verliebt. Gleichzeitig sehe ich, wie er Menschen verändert und befreit. Es gibt wirklich nichts, was mehr Glück und Freude bringen kann. Wäre ich verheiratet und hätte eine eigene Familie, dann könnte ich jetzt nicht den Dienst tun, den ich gerade tun darf.

Vor drei Jahren habe ich nur einen dunklen, unergründlichen Abgrund vor mir gesehen. Jetzt sehe ich Licht, Freude und den wunderbaren Charakter eines genialen Gottes.

Besonders in den letzten Wochen und Monaten hat mir Gott geholfen, Gewohnheiten aufzugeben, die mich lange gefangen gehalten haben. Ich brauche diese Dinge nicht mehr, um ein Loch in meinem Innersten zu stopfen, weil ich etwas viel besseres gefunden habe.

Ja, ich wünsche mir noch immer einen starken Mann an meiner Seite, mit dem ich gemeinsam Gott dienen kann. Ich bete weiter dafür. Denn ich sehe, dass das Werk Gottes echte Männer dringend braucht. Aber ich weiß, dass mein liebevoller Vater alles in seiner Hand hält. Er wird seine Gemeinde und mich sicher führen. Ich brauche keinen Mann mehr, um glücklich oder vollständig zu sein. Ich habe Jesus. Und für den Rest wird er sorgen.

Es stimmt wirklich, dass wir das Reich Gottes an die erste Stelle setzen sollen und alles andere wird Gott uns hinzufügen.

Also warum klammern wir uns so sehr an dem fest, was wir eh nicht behalten können, wenn es doch etwas zu gewinnen gibt, was wir niemals verlieren können?

Das Bild

Dies alles habe ich versucht in dieses Bild hineinzupacken. Auf dem Bild finden sich meine Träume und Wünsche wieder. Man kann verschiedene Dinge und Symbole sehen, die an das Kreuz genagelt werden. Ganz oben

 steht das Ego, das immer alles selbst bestimmen möchte und sich nicht gerne Gott unterordnet. Das muss zuerst sterben. Dann finden sich alle anderen Sachen dort, wie Geld, Liebe, Haus, Auto, sogar mein Traum vom Segeln. Es sind auch ein paar Dinge zu sehen, gegen die ich schon länger kämpfe. Die Frau auf dem Bild schlägt gerade ein Filmband ans Kreuz. Ich war viele Jahre filmsüchtig. Als ich das Bild anfing zu malen, kämpfte ich noch damit. Doch inzwischen hat mir Gott einen großen Sieg geschenkt. Genau dasselbe gilt für Musik. Ich brauche diese Dinge nicht mehr, um eine innere Leere in mir zu füllen.

Am Fuß des Kreuzes steht ein Sack. Darin befinden sich zwei weitere Gegenstände. Zum einen ist eine Uhr zu sehen. Sie steht für die Zeit. Das ist auch noch ein Bereich, den ich gerne selber kontrollieren möchte. Denn oft ärgere ich mich, wenn Gott meinen Tag anders führt, als wie ich es geplant habe. Außerdem ist noch eine Schokolade zu sehen. Seit meiner Kindheit bin ich ein Schokojunky. Auch dies ist noch nicht vollständig überwunden und bedarf weiterer Heilung in meinem Herzen. Doch auch da wird Gott mich noch hinführen.

All diese Dinge bringe ich immer und immer wieder vor das Kreuz und übergebe sie Gott. Er darf bestimmen, wem mein Herz und meine Gefühle gehören. Ihm gehört mein Geld, meine Wohnung, mein Auto, meine Zeit und meine Freizeit. Manchmal fällt es schwer, diese Dinge loszulassen, wenn Gottes Wille dem meinen widerspricht. Doch wenn ich mal wieder zu kämpfen habe, denke ich an Elisabeth und Jim Elliot, die alles gegeben haben, selbst ihre große Liebe, um Menschen für die Ewigkeit zu gewinnen. Elisabeth hat diese Entscheidung nie bereut. Genauso wenig habe ich die meine bereut.

Wofür lebst du?

Es gibt ein weiteres Zitat, von meiner Lieblingsautorin, Ellen White, das mich schon viele Jahre begleitet und dessen Wahrheitsgehalt ich nur bestätigen kann:

„It is in a life of service only, that true happiness can be found.“
Zu deutsch: „Allein im Leben des Dienstes kann wahres Glück gefunden werden.“

Das ist so wahr! Wer für sich selbst und seine Wünsche lebt, wird immer unglücklich bleiben. Denn in uns wohnt ein kleines Monster, das nie satt wird, egal wie viel man ihm füttert.

Aber vertrauen wir Gott und stellen den Dienst für ihn an die erste Stelle in unserem Leben, dann löst sich alles andere von selbst. Wir sollten niemals vergessen, wem wir dienen! Es ist ein Gott, dem nichts unmöglich ist. Er hat alle Kraft und alle Ressourcen des Universums geschaffen. Diese sind unerschöpflich. Doch dieser Gott ist nicht nur allmächtig, sondern er ist auch unendliche Liebe. Er liebt dich so sehr, dass er alles für dich hingegeben und losgelassen hat. Auch Gott wollte das gewinnen, was er nicht verlieren kann. DU bist es, was Gott gewinnen möchte. Dafür ist er ans Kreuz gegangen. Ihm war der Himmel, die Anbetung und Liebe der Engel, die Herrschaft über das gesamte Weltall nichts wert, wenn DU nicht in der Ewigkeit an seiner Seite wärst! Jesus hätte lieber auf all das verzichtet als dich zu verlieren.

Mein Wunsch und Gebet ist, dass du und ich diese Liebe noch tiefer verstehen und annehmen können. Es kostet viel Vertrauen, seine eigenen Wünsche loszulassen und Gott dafür sorgen zu lassen. Doch Gott weiß, dass es uns schwer fällt, ihm zu vertrauen. Er weiß genau, dass wir gerne selbst die Kontrolle über unser Leben behalten wollen. Deswegen führt er uns geduldig Schritt für Schritt und hilft uns Vertrauen zu üben. Unser Teil besteht darin, Gott in allem – egal ob Zeit, Geld, Herzensangelegenheiten, Arbeit oder Hobbys – immer an die erste Stelle zu setzen. Jeden Tag, jede Stunde, jede Minute müssen wir diese Entscheidung erneuern.

Gib nicht auf, wenn es dir noch nicht so gut gelingt, der Führung Gottes zu vertrauen und deine eigenen Pläne loszulassen. Wenn du dran bleibst, wirst du immer mehr kleine Fortschritte sehen. Aus vielen kleinen Fortschritten werden dann größere Siege. Das ist meine Erfahrung und ich hoffe, lieber Leser, dass es auch deine ist oder sein wird!

Welche Dinge musst du noch an das Kreuz nageln? Wie würde dein Bild aussehen?

Gott segne dich auf deinem Weg der absoluten Hingabe!

Wenn du mein Bild haben möchtest, dann schau im Onlineshop vorbei oder kontaktiere mich!

5. Im Sumpf des Zweifels

 

Nach dem man durch die schmale Pforte gelangt, die hell erleuchtet ist, würde man einen hellen Pfad erwarten, der einen immer näher zum Himmel und damit zum neuen Jerusalem führt. Doch als unser Wanderer durch die schmale Pforte gegangen war, gelangt er zunächst in einen sumpfigen Wald. Ja, der Weg geht gleich steil nach oben. Als erstes muss der Wanderer einige Stufen erklimmen. Am Ende der Stufen beginnt ein kleiner Weg. Dieser ist matschig. Der Wanderer läuft Gefahr, seine neue, weiß strahlende Kleidung gleich zu beschmutzen.

Aber nicht nur der Weg wirkt wenig einladend. Die gesamte Atmosphäre wirkt düster und bedrückend. Das Licht, das soeben noch hell an der Pforte schien, wird scheinbar von der dunklen Stimmung des Sumpflandes erstickt. Im Wanderer kommen beklemmende Gefühle auf. War das wirklich der richtige Weg? Als er sich umsieht, sieht er tote Bäume. Er bemerkt, dass der Pfad nicht allzu lang ist. Er endet sehr bald in einem Sumpf. War das schon das Ende seines Weges? Sollte das alles eine Sackgasse sein? War der Weg über das Kreuz vielleicht auch wieder nur ein falsches Versprechen von Frieden gewesen? Der Wanderer fühlt sich einsam und verlassen. Wo war Gott jetzt? Er konnte das Licht nicht mehr sehen? Hatte ihn Gott verlassen?

Hört Gott Gebete?

In seiner Verzweiflung betet er um Hilfe und göttliche Führung. Doch nichts geschieht… Vernahm Gott überhaupt seine Gebete? Wer war er schon, dass Gott auf ihn achten und ihn hören würde? Solange hatte er Gott den Rücken zugekehrt und seine Einladungen verachtet. Vielleicht hatte er doch seine Chancen verspielt. Vielleicht war seine Bekehrung nur ein emotionales Hoch und nichts hatte sich geändert. Er spürte in sich noch immer dieselben sündigen Neigungen. Sein Charakter war noch immer genauso unvollkommen wie vor dem Kreuz. Was hatte sich eigentlich geändert?

Und überhaupt: er hatte Gottes Güte ja gar nicht verdient! Er war seiner Vergebung und Liebe nicht wert.

Der Sumpf

Der Wanderer kommt an den Sumpf. Dort endet der Weg. Wie soll es jetzt weitergehen? Er scheint wirklich in einer Sackgasse festzustecken. Als er sich suchend umschaut, sieht er auf einmal ein hölzernes Schild. Es leuchtet ihn förmlich an. Darauf steht: „Vertraue den Verheißungen!“ Der Wanderer weiß, was Verheißungen sind. Es sind Versprechen, die Gott in der Bibel gegeben hat. Da Gottes Wort lebendig ist, geschieht es, sobald Gott etwas ausspricht. Wenn Gott sagt: „Es werde Licht!“ dann wird es sofort hell. Wenn Gott sagt: „Hab keine Angst, ich bin bei dir!“ dann nimmt Gott die Angst weg und er ist da. Da gibt es nichts daran zu rütteln. Die Verheißungen Gottes sind die Grundlage des Glaubens. Der Wanderer erinnert sich an ein paar dieser Verheißungen. Eine lautet wie folgt:

Vertraue auf den HERRN! Sei mutig und tapfer und hoffe geduldig auf den HERRN!

(Psalm 27,14, Neues Leben)

Vertraue den Verheißungen!

Als der Wanderer sich diese Verheißung ins Gedächtnis ruft erinnert er sich daran, dass ihm gesagt wurde, dass der Weg nicht leicht werden würde. Sein Glaube würde geprüft werden. Die Verheißung aus Psalm 27 ruft zum Vertrauen auf Gott auf. Das erfordert manchmal wirklich Mut, Tapferkeit und Geduld. Vertrauen in Gott muss trainiert werden. Das ist nicht auf einmal da. So lässt Gott in unserem Leben oft Schwierigkeiten zu. Manchmal fühlt es sich für uns so an als hätte Gott uns verlassen, als wäre alles Licht um uns verschwunden. Wir stehen scheinbar hilflos da in unserer Schwachheit. Unsere Fehler und Unzulänglichkeiten stehen uns sehr klar vor Augen. Manchmal versinken wir wie in einem Sumpf in unserem Zweifel und Unglauben. Haben wir einmal diesen Pfad eingeschlagen, zieht uns der Schlamm immer tiefer nach unten. Je mehr wir kämpfen und versuchen aus eigener Kraft da raus zukommen, desto mehr versinken wir. Die einzige Rettung sind die Verheißungen Gottes.

Als der Wanderer seine Gedanken von sich und seinen Unzulänglichkeiten weg und hin zu den Verheißungen lenkt, sieht er den Sumpf auf einmal mit anderen Augen. Dort wo er vorher keinen Weg durch den Sumpf gesehen hat, erkennt er auf einmal Steine, die als Tritte dienen. Er erkennt, dass der Pfad durch den Sumpf führt und auf der anderen Seite weiterführt. Die Steine sind nicht sonderlich groß. Es passt gerade so ein Fuß darauf. Um auf die andere Seite des Sumpfes zu gelangen erforderte es einen ordentlichen Balanceakt. Was würde passieren, wenn der Wanderer von einem Stein abrutscht? Würde er dann in dem Sumpf ertrinken? Gab es in Sümpfen nicht giftige Schlangen oder gar Krokodile? Soweit er sehen konnte, gab es hier keinen, der ihm zur Hilfe eilen konnte. Es könnte so viel schief gehen! Wieder kommen Zweifel in dem Wanderer auf. Wie war es möglich, diesen Sumpf sicher zu überqueren?

Erprobe Gottes Verheißungen!

Doch dann erinnerte er sich an die Verheißungen. Gott sagte ihm, dass er mutig und tapfer sein soll! Wenn Gott sagt, er solle Mut und Tapferkeit haben, dann war das auch so! Er besaß den Mut und die Tapferkeit bereits. Er musste es nur glauben! Gott hatte es versprochen und Gottes Wort kehrt nicht leer zu ihm zurück. Der Wanderer hatte auch gehört, dass man Gottes Wort testen darf. Man durfte Gott prüfen, ob er auch wirklich dazu steht, was er gesagt hat. So war die Entscheidung getroffen! Der Wanderer schickt ein Gebet zum Himmel, dass Gott, so wie er es versprochen hat, Mut und Tapferkeit gebe, damit er den Sumpf des Zweifels sicher überqueren möge. Nach dem Gebet, entscheidet er sich zu glauben, dass Gott dieses Gebet erhört hat. Er spürt zunächst keine Veränderung. Alles ist wie zuvor. Der Sumpf war noch immer derselbe. Doch der Wanderer weiß nun, dass Gott ihn durch den Sumpf begleiten würde. Im Vertrauen auf Gottes Versprechen betritt er den ersten Stein. Und der Stein hält seine Last! Er bietet dem Fuß einen sicheren Halt. Vorsicht setzt der Wanderer nun einen Fuß vor den anderen. Manchmal sind die Tritte weiter auseinander. Dafür muss der Wanderer große Schritte machen. Bei großen Schritten gerät man schneller aus dem Gleichgewicht. So kommt der Wanderer manchmal ordentlich ins Schwanken. Doch er geht im Glauben voran. Manchmal sind die Steine auch klitschig und der Fuß findet keinen richtigen Halt. Oft gerät der Wanderer ins Schwanken. Aber er blickt fest auf sein Ziel- das andere Ufer. Dadurch kann er sich immer wieder auffangen und rutscht nie vollständig ab. Schließlich hat er sicher das andere Ufer erreicht!

Das Symbol des Sumpfes

Der Sumpf steht für all unsere Zweifel, unsere Selbstwertprobleme und Schwachheiten. Sie alle können uns nach unten ziehen. Sie können unseren Blick von Jesus weg wenden. Wenn wir nur noch auf unsere Umstände und Probleme schauen, werden wir sicher fallen. Manchmal machen wir uns selbst unsere Prüfungen noch schwerer, indem wir sie durch unsere Fantasie vergrößern. Je mehr wir über all das Entmutigende um uns nachdenken, um so größer werden all die Probleme. Dadurch werden wir wiederum mehr entmutigt. Es ist wie ein Teufelskreis. Es scheint keinen Ausweg zu geben. Doch sehen wir auf Gott und halten uns seine Verheißungen stets vor Augen, ändert sich der Blickwinkel. Auf einmal sehen wir Lösungen für unsere Probleme, die wir vorher nicht sehen konnten. Es sind wie die Steine, die sich vor dem Wanderer im Wasser auftun. Diese Steine sind die Verheißungen Gottes. Sie bieten Halt durch den Sumpf unserer Zweifel. Wenn wir uns auf sie und auf das Ziel vor uns konzentrieren, werden wir sicher aus den Zweifeln herauskommen. Der Glaube wird siegen!

Es gab ein Bild, das ich sehr gerne in diesen Sumpf hinein gemalt hätte. Leider konnte ich es künstlerisch nicht umsetzen. Ich wollte Fußspuren in den Schlamm malen. Diese Fußspuren sind von Jesus. Er ist den Weg bereits vor uns gegangen. Er hat den sicheren Weg durch die Zweifel gefunden. Wenn wir in seine Fußstapfen treten, werden auch wir sicher den Weg durch den Unglauben finden. Jesus hat uns bereits den Weg erleichtert. Wir müssen ihm einfach nur nachfolgen und seinem Wort vertrauen.

Hier geht es weiter zum nächsten Kapitel: 6. Die Gemeinde