Das Band der Vollkommenheit

Zu diesem allen aber zieht die Liebe an,

die das Band der Vollkommenheit ist! 

– Kolosser 3:14 

 

Es war wieder einmal soweit. In wenigen Tagen war Muttertag und wie jedes Jahr überlegte ich, wie ich meiner Mutter an diesem Tag meine Wertschätzung zeigen könnte.
Ich hatte diese Herzleinwand da und dachte mir, dass man daraus vielleicht etwas schönes machen könnte. Leider weiß ich nicht mehr, wie ich auf diesen Bibelvers gekommen bin. Ich weiß auch nicht, ob ich zuerst die Idee mit dem Band oder den Text hatte. Ich glaube, ich habe in der Bibel nach einem Text über die Liebe gesucht. Denn im Hinterkopf wartete bereits ein größeres Projekt. Freunde von mir wollten im Herbst heiraten und da war ich auch noch auf der Suche nach einem passenden Bibelvers und einem Motiv. 

Noch ahnte ich nicht, dass dieses kleine Muttertagsgeschenk mir helfen würde, eine ganz neue Ebene der Malerei zu entdecken. 

Jedenfalls hatte ich nun den Text und die Idee: Auf die Leinwand sollte der Bibelvers und ein Band sollte um das Herz gemalt werden. Aber wie malt man eigentlich so ein Band? 

Wieder einmal war ich über Youtube sehr dankbar. Ich stöberte eine Weile herum. Irgendwann stieß ich auf ein Video, indem eine Taube mit einem Band im Schnabel gemalt wurde. Es hieß, dieses Tutourial sei für Anfänger geeignet. Ich fand das Motiv wunderschön und so probierte ich mich aus. Das Ergebnis könnt ihr hier sehen: 

Eigentlich ging es mir nur um das Band. Aber ich fand die Taube auch sehr schön. Sie zu malen war eine komplett neue Erfahrung für mich. Von dem Ergebnis war ich begeistert! Es war wirklich nicht so schwer! Und vor allem hatte ich jetzt eine Ahnung, wie man so ein Band malen könnte. Also vollendete ich das Bild für meine Mutter.

Das Video wurde von Angela Anderson aufgenommen. Sie hat einen ganzen Kanal mit richtig schönen Motiven, von denen ich einige nachgemalt habe und von denen ich euch auch noch ein paar vorstellen werde. 

Aber das Motiv mit der Taube und dieser Bibelvers ließen mich nicht los. Tauben sind ein häufig verwendetes Symbol für die Liebe. Also dachte ich mir, warum nicht Tauben, Bänder und diesen Bibeltext miteinander verbinden? 

So reifte die Idee ein Taubenpaar zu malen, dass gemeinsam ein Band in Herzform hält. Dazu würde der Bibelvers auf die Leinwand geschrieben werden. 

Also schnappte ich mir eine große Leinwand und begann zu malen. Die Taube ist wirklich ein leichtes Motiv, wobei es gar nicht so leicht war, die zweite Taube zu spiegeln. Das Herzband war auch nicht ganz so leicht, aber insgesamt war ich mit dem fertigen Werk sehr zufrieden.  

Auch das Brautpaar freute sich über dieses Geschenk. Es hat einen Platz in ihrem Schlafzimmer gefunden. 

Im gleichen Herbst feierten meine Großeltern diamantene Hochzeit. Sie haben 60 Jahre Ehe hinter sich und in dieser Zeit viel erlebt. Sie wollte ich natürlich auch mit einem Bild beglücken. Da mir im Laufe der Monate das erste Bild mit den Tauben immer unvollkommener vorkam, dachte ich, ich probiere es noch einmal. Ich malte es auf einer etwas kleineren Leinwand. Aber mit diesem zweiten Versuch bin ich um einiges zufriedener. Meine Großeltern freuten sich über dieses Bild und es fand noch ein Plätzchen in ihrem gut bestückten Haus. 

Dieser Bibelvers hat für mich eine ganz besondere Bedeutung. Wir Menschen neigen sehr schnell dazu, die Fehler der anderen zu sehen und diese zu kritisieren. Oft geschieht das in einer lieblosen, verletzenden Art und Weise. Als ich über diesen Text tiefer nachdachte, wurde mir bewusst, dass Gott nicht so ist. Er ist Liebe sagt uns die Bibel.
Wir Menschen wir streben nach Vollkommenheit. Alles muss noch besser, schöner und toller werden. Doch wir werden nie die ultimative Perfektion erreichen.
Aber einer ist perfekt – Gott. Er macht keine Fehler und er ist auch die Liebe. In seiner Liebe können wir Vollkommenheit, die ultimative Perfektion, finden.
Ein Band hat die Aufgabe, Dinge zusammen zu halten. So soll das Band der Liebe Menschen verbinden. Gott selbst ist dieses Band der Liebe. Wenn wir Fehler machen, trägt er sie uns nicht ewig nach. Am Kreuz hat er den Gegenpreis bezahlt, damit wir Vergebung erhalten können. Wenn wir unsere Fehler erkennen und um Vergebung bitten, tilgt er sie aus, als wären sie nie da gewesen. Er vergisst sie einfach.  

Durch das Band der Liebe möchte er sich an uns binden und er möchte uns Menschen durch Liebe aneinander binden. Wer verliebt ist, sieht den geliebten Menschen oft mit einer rosaroten Brille und ist förmlich blind für dessen Charakterschwächen.  

Eigentlich ist es schade, dass dieser Zustand nicht anhält. Was wäre, wenn wir in unserem Gegenüber eher seine Stärken sehen würden als seine Schwächen? Wer den anderen aufrichtig liebt, kann leichter über dessen Schwachheiten hinweg sehen. 

Wahre Liebe sieht in dem anderen einen kostbaren Edelstein, etwas ganz besonderes. Dieser Mensch mag nicht vollkommen sein. Aber Gott sieht uns so an, als wären wir bereits vollkommen. Er sieht in uns das, was wir mit seiner Hilfe werden könnten. Das ist kein ungeschliffener Rohdiamant, sondern ein wohlgeformter, wunderschön scheinender Edelstein. Er kann unseren Charakter dahin umformen, wenn wir ihn nur lassen. Natürlich ist das oft ein schmerzhafter Prozess, weil er Dinge abschneiden muss, die nicht gut für uns sind. Aber wenn wir ihn an uns arbeiten lassen, wird er unseren Charakter veredeln und uns ermöglichen, andere mit dieser selben Liebe zu lieben. Dann werden wir die Menschen um uns mit anderen Augen sehen. Wir werden vielleicht ihre Schwachheiten und Fehler wahrnehmen, aber sie werden uns nicht mehr stören. In diesen Menschen sehen wir dann nämlich jemanden, der von seinem Schöpfer unendlich geliebt wird und der einen hohen Preis für diese Person gezahlt hat. Er sieht das Potential, das in jedem von uns steckt! 

Stellt euch einmal vor, jeder von uns würde dieses Band der Liebe, nämlich das Band der Vollkommenheit, anziehen und seinen Mitmenschen mit den Augen Gottes sehen. Jeder würde in dem anderen einen Menschen mit unendlich viel Potential sehen. Der Blick wäre nicht mehr auf den Schwächen, sondern auf dem, was aus diesem Menschen werden könnte, gerichtet. Wenn wir einem Menschen Vertrauen entgegen bringen und an sie glauben, bekommen sie auch den Mut, Dinge in ihrem Leben zu ändern. Lieblose Kritik hingegen, entmutigt oft und der kritisierte Mensch verschließt sich dem anderen gegenüber.
Was wäre unsere Welt für ein Ort, wenn wir uns gegenseitig so annehmen würden wie wir sind? Wenn wir aufhören würden, uns gegenseitig an unseren Charakterschwächen aufzureiben und stattdessen das Potential im anderen sehen könnten? Wäre das nicht eine Welt, in der wir uns alle wohler fühlen würden? 

Wie muss dann wohl erst der Himmel sein, in dem es keine Charakterschwächen mehr geben wird? Es wird ein Ort sein, an dem wir alle Gott wiederspiegeln – nämlich vollkommene Liebe.