In meinen frühen Zwanzigern,
als ich noch jung im Glauben war,
besuchte ich viele Jugendkongresse meiner Gemeinde. Das waren immer besondere Wochenenden. Auf meinem ersten „Youth in Mission-Congress“ im Jahr 2010 hatte ich mich für die Taufe entschieden. Auch reifte seit diesem Kongress in mir der Wunsch, eine Missionsschule zu besuchen. Solche Kongresse sind Orte, an denen man kleine und große Entscheidungen trifft. Die Ansprachen sind motivierend. Man bekommt Hoffnung, dass man seine Lieblingssünden überwinden kann und dass man ein neuer Mensch werden kann. Oft bin ich begeistert nach Hause gefahren und war mir sicher, dass sich in meinem Leben etwas verändert hat. Mein Glaube war gestärkt und ich war mit Jesus fester denn je verbunden.
Doch es dauerte nie lange bis der Alltagstrott zurückkehrte. Schneller als einem lieb war, befand man sich in dem selben Hamsterrad und auch wieder in den alten Sünden, die man eigentlich auf dem Kongress hinter sich gelassen hatte. Diese Erfahrungen entmutigten mich. Ich war frustriert. Auf dem Kongress erlebte ich eine intensive Zeit mit Gott. Ich lernte so viel über ihn, traf begeisterte junge Menschen in meinem Alter, betete mit ihnen um Veränderung in unseren Leben, traf Entscheidungen noch ernster mit Gott zu machen und hörte Ansprachen, die mir sagten, dass ich verändert von diesem Kongress nach Hause fahren werde. Diese Kongresse waren geistliche Tankstellen für mich. Doch als ich merkte, dass sich zu Hause nicht viel verändert hatte, zog es mich nur um so weiter nach unten.
So ist es oft im Leben: nach einem (geistlichen) Höhepunkt folgt danach ein umso tieferes Tief. Dieselbe Erfahrung hatte ich übrigens nach meiner Taufe. Bei mir führte das soweit, dass ich aufhörte auf solche Jugendkongresse zu fahren, denn ich wollte keine geistlichen Achterbahnfahrten mehr erleben.
Geistliche Höhepunkte
So wie mir und vielleicht dem ein oder anderen Leser erging es auch dem Wanderer. Wie im letzten Beitrag zu lesen war, hatte er einen geistlichen Höhepunkt erlebt. Zuerst war er an der Quelle des Lebens gewesen, dann ging er mit Jesus über das Meer der Sorgen, um im Anschluss einen ganzen Tag in intensivster Gemeinschaft mit Jesus zu verbringen. Das waren viele starke Erlebnisse innerhalb kürzester Zeit. Der Wanderer verbrachte viele wunderschöne Stunden unter den herrlich blühenden Kirschbäumen im intensiven Gespräch mit Jesus. Sein Herz war gestärkt, ermutigt und bereit für die weitere Reise. Er war überglücklich. Die Gemeinschaft mit Jesus erfüllte ihn mit der tiefsten Freude, die er bisher in seinem Leben erfahren durfte.
Die Reise geht weiter
Doch nun war die Zeit für den Wanderer gekommen, seine Wanderung auf dem schmalen Weg fortzusetzen. Der Pfad, auf dem der Wanderer jetzt geht, ist hell. Er ist von saftig grünen Wiesen mit bunten Blumen begrenzt. In der Ferne hört er das Rauschen eines mächtigen Wasserfalles. Durch das Wasser ist die Luft angenehm und der Weg ist leicht zu gehen.
Auf einmal endet der Weg scheinbar abrupt. Der Wanderer steht vor einer riesigen Felswand. Als er genauer hinschaut, sieht er einen Spalt in der Felswand, der bis zum Boden ragt. Er erinnert sich daran, dass Jesus ihm von der Schlucht der geistlichen Finsternis erzählt hatte. Das musste sie sein! Auf der Felswand ist eine Tafel angebracht auf welcher steht: „Dein Wort ist meines Fußes Leuchte!“. Als der Wanderer diese Inschrift liest, fällt ihm wieder die Lampe ein, die Jesus ihm mitgegeben hatte. Er holt sie hervor und bringt sie zum Leuchten. Vorsichtig leuchtet er in die dunkle Schlucht hinein. Der Weg führte tatsächlich durch die Felswand hindurch. Mutig macht der Wanderer einen Schritt in die Schlucht. Auf einmal umgibt ihn absolute Dunkelheit. Feuchte, kalte Luft schlägt ihm entgegen. Sofort fühlt sich seine Kleidung klamm an. Er beginnt zu frösteln. Das Rauschen des Wasserfalls ist nicht mehr zu hören. Es herrscht absolute Stille. Bis auf ein gelegentliches leises „Platsch“, wenn ein Tropfen von den triefend nassen Wänden auf den Boden fällt.
Durch die Schlucht der geistlichen Finsternis
Der Weg ist glitschig und geht steil bergauf. Der Pfad ist sehr schmal. Trotz der Lampe stößt sich der Wanderer immer wieder an den scharfen Felswänden. Manchmal wird der Weg so eng, dass sich der Wanderer zwischen die Wände durch quetschen muss. An anderen Stellen kann er nur hindurch krabbeln.
Wie anders hier doch alles ist! Die Zeit mit Jesus unter den blühenden Kirschbäumen, wo alles hell, warm und freundlich war, schien eine Ewigkeit zurück zu liegen. Dem Wanderer kommt das wie ein schöner Traum vor. Doch jetzt steckte er mitten in einem Albtraum fest, aus dem er nicht aufwachen konnte! Und er steckt wortwörtlich fest! Der Weg war so schmal, dass er nur noch eine Röhre in der Wand war. Der Wanderer musste sein Gepäck abnehmen und es vor sich her schieben. Nur so konnte er vorwärts kommen. Stück für Stück schiebt er sich weiter. Dabei schneiden ihn die scharfkantigen Felsen. Jede Vorwärtsbewegung ist schmerzhaft. Dazu kommt die Dunkelheit, die Stille und die feuchte Kälte. Schnell kann man in so einer Situation verzweifeln. Wie lang ist der Weg noch? Gibt es überhaupt einen Ausgang? Oder steckte man hier auf ewig fest? Die Dunkelheit kann einen fast den Verstand rauben. Was wäre, wenn der Sauerstoff ausgeht? Zu ersticken ist kein schöner Tod. Wieder um zu kehren und sich den ganzen Weg zurück zu kämpfen ist auch keine Option.
Das Licht
Doch der Wanderer hat seine Lampe dabei. Munter flackert das Licht vor sich hin und erleuchtet die Umrisse des Weges. „Weg“ war allerdings etwas zu viel gesagt. Es war wirklich nur eine Art ganz schmaler Gang. Doch das Licht hilft dem Wanderer nicht aufzugeben. Es erinnerte ihn an den, der ihm dieses Licht gegeben hatte. Er hatte ihn auf die Schlucht vorbereitet und ihm ein paar Tipps mitgegeben. So hatte ihm Jesus versprochen, dass auch wenn die Schlucht endlos schien, sie doch ein Ende haben würde. Der Wanderer solle sich immer das Ziel vor Augen halten. Außerdem solle er nicht so viel über seine aktuelle Situation nachdenken. Würde er über die Herausforderungen in der Schlucht denken, würde er sie in seinem Denken noch vergrößern und ihm würde der Mut sinken. Vielmehr sollte er an die vor ihm liegende Freude denken. Dabei kann ihm die letzte Erfahrung eine Hilfe sein. Er durfte einen kleinen Vorgeschmack des Himmels mit Jesus erleben. Wie viel herrlicher würde es sein, wenn er endlich am Ziel angekommen wäre. Auf keinem Fall durfte er sich gedanklich um sich selber drehen. Doch genau das versucht der Widersacher. Er führt dem Wanderer seine Schwachheiten vor Augen. Er zeigt, wie oft er schon versagt hatte und dass er jetzt wieder Jesus enttäuschen würde. Er lenkt die Gedanken auf all die Wunden, die der Wanderer in der Schlucht erlitten hat. Auf einmal spürt er die Schmerzen am ganzen Körper. Er spürt, wie ihm seine Kräfte schwinden. Dazu noch die Enge und die drückende Finsternis. Würde er hier überhaupt lebend hinaus kommen? Panik breitet sich wie ein Nebel in dem Wanderer auf. Doch dieser schaut auf die Lampe. Sie leuchtet noch genauso stark wie am Eingang zu der Schlucht. Ja, mehr noch! Der Wanderer meint, dass sie sogar noch heller leuchten würde als zuvor! Je dunkler es ist, umso heller scheint das Licht.
Der Glaube siegt!
Dieses Licht ist eine Erinnerung an den, der es ihm gegeben hat. Er hat versprochen, bei ihm zu sein und ihm die Kraft zu geben, die er bräuchte. Kraft war jetzt genau das, was der Wanderer brauchte! So betet er zu Gott und nimmt im Glauben seine Verheißungen in Anspruch. Nach dem er Gott gedankt hat, dass dieser seine Gebete beantwortet hat, setzt der Wanderer seinen mühsamen Weg fort. Je mehr er sich vorwärts kämpft, umso mehr durchströmt ihn neue Kraft.
Nach einigen Metern stellt der Wanderer fest, dass der Weg zunehmend wieder breiter wird. Er muss nicht mehr auf dem Bauch kriechen, sondern kann auf allen Vieren vorankommen. Irgendwann wird der Weg so breit, dass er gebückt gehen kann. Schließlich kann er sich wieder aufrichten. Jetzt bemerkt der Wanderer auch, dass ein angenehm warmer Luftzug ihm entgegen kommt. Und ist da vorne nicht sogar ein Lichtschimmer zu sehen? Das letzte Stück in der Schlucht geht zwar noch einmal steil bergauf. Doch dies kümmert den Wanderer nicht. Er will nur noch aus dieser Dunkelheit hinaus! Neue Energie durchströmt ihn. Zügig, aber dennoch vorsichtig klettert der Wanderer den steilen Pfad hinauf. Manchmal rutscht er auf den nassen Felsen ab. Doch er kann sich immer wieder auffangen. Und plötzlich steht er im Freien! Warme Sonnenstrahlen begrüßen ihn. Er hört das fröhliche Zwitschern der Vögel und spürt das Streichen einer sanften Brise über sein Gesicht. Er hat es geschafft! Durch die Lampe hatte er bis auf ein paar Schrammen und Kratzer wohlbehalten aus der Schlucht der geistlichen Finsternis herausgefunden! Der Wanderer preist und dankt Gott für diese herrliche Lampe, die er ihm zur Verfügung gestellt hatte!
Die Anwendung
Der Wanderer konnte die geistliche Finsternis besiegen, weil er sich auf das Licht fokussiert hat. Auch wenn er Jesus nicht mehr sehen konnte und scheinbar alles gegen den Glauben sprach, hielt er sich das Ziel vor Augen. Das half ihm, sich nicht entmutigen zu lassen, sondern die Finsternis zu besiegen.
Genauso können wir in entmutigenden Situationen siegreich sein. Manchmal scheint es so, als hätte sich Gott von uns zurück gezogen. Alles scheint schief zu gehen, als wären wir des Segens Gottes beraubt. Doch Gott hat uns Licht gegeben, damit wir in jeder Situation treu bleiben können. Dieses Licht ist sein Wort, die Bibel. In ihr finden wir viele Geschichten von Menschen, die ähnliche Probleme hatten wie wir. Wir können aus ihrem Versagen und ihren Siegen lernen. Außerdem finden sich in der Bibel viele Mut machende Verheißungen, aber auch Ermahnungen, die uns korrigieren wollen und uns so helfen, auf dem rechten Weg zu bleiben. .
Wir müssen sie nur benutzen. Es bringt nichts, wenn die Bibel dekorativ im Schrank steht, sie will gelesen werden. Aber es bringt auch nichts, die Bibel zu lesen und theoretisch verstanden zu haben, was Gott mir sagen will.
Die Bibel muss ins praktische Leben integriert werden! Daran scheitern viele. Wir wissen, dass Gott uns sagt: „Fürchte dich nicht! Ich bin bei dir!“ (Jesaja 41,10). Doch glauben wir, dass das wirklich wahr ist? Glauben wir, dass Jesus in diesem Moment bei mir ist und bereit ist, mir mit meinem Problem hier und jetzt zu helfen? Glauben wir, dass er MIR helfen KANN und helfen WILL? Kann ich meine Sorgen und Probleme im Gebet bei Jesus wirklich ablegen oder nehme ich sie nach dem „Amen“ wieder mit?
Wir können gut in der Theorie über all das reden, aber praktizieren wir es auch?
Ich lade dich, lieber Leser ein, nimm deine Lampe und benutze sie! Studiere nicht nur die Bedienungsanleitung, wie man sie anwendet, sondern setze es in die Praxis um! Ich garantiere dir, dann wird dir ein Licht aufgehen und die Finsternis, die Satan ständig um uns webt, hat keine Macht mehr!
Nach all den Herausforderungen kommt als Nächstes die wohlverdiente Sabbatruhe!