10. Das Meer der Sorgen (Teil 1)

Man hört es schon von fern – das Rauschen der Wellen, wie sie sich am Strand brechen. Für mich ist das eines der schönsten Momente, wenn man am Strand steht, die Füße stecken im nassen Sand und werden vom Wasser umspült. Dabei schweift der Blick über den endlosen Horizont. Manchmal beobachte ich die Wellen und verfolge ihren Weg bis sie am Strand brechen und für immer verschwinden. Es sind Momente puren Glückes, die mir leider als Landratte nur selten vergönnt sind.

Die Szene mit dem Meer der Sorgen ist für mich besonders. Irgendwie ist sie meine Lieblingsszene in dem ganzen Bild.

Der Grund dafür ist vielleicht, weil Jesus und das Meer die beiden größten Lieben in meinem Leben sind. Hier in dieser Szene sind beide vereint. Was kann es also besseres geben…? 🙂 (Vielleicht fehlt noch ein Segelschiff…).

Inzwischen haben mir auch ein paar andere gesagt, dass sie diese Szene besonders mögen.

Irgendwie sticht sie auch aus all den anderen heraus. Das liegt wahrscheinlich an den Farben. Der Rest des Bildes ist eher in Grün- und Brauntönen gehalten. Da fällt das blaue Meer etwas aus dem Raster. Aber ich glaube, dass die Abwechslung dem Bild ganz gut tut.

Worüber ich auch sehr dankbar in dieser Szene bin, ist die Darstellung von Jesus. Ich tue mich schwer im Malen von Menschen. Auch Kleidung zu malen finde ich schwierig. Aber hier in dieser Szene bin ich sehr zufrieden mit dem Ergebnis.

Ich liebe zwar das Meer und Wasser, doch bei jedem Bild ist es ein Kampf, es zu malen. Auch bei diesem Bild habe ich mit den Wellen gekämpft. Was ich bisher noch nie zufriedenstellend hinbekommen habe, ist der Übergang vom Wasser zum Strand. Auch für diese Szene habe ich mir wieder ein paar Youtube- Tutorials angeschaut. Ich musste den Strand nur einmal übermalen und erneuern bis ich mit dem Ergebnis zufrieden war. (Manchmal übermale ich misslungene Stellen viel öfter. Zum Beispiel habe ich den Wald der Angst bestimmt drei Mal neu gemalt.)

Lasst uns jetzt der Geschichte zuwenden:

Sorgen über Sorgen

Der Wanderer hat die Quelle des Lebens erholt und gestärkt verlassen. Seine Proviantbeutel sind gut gefüllt. Guten Mutes setzt er seinen Weg fort. Doch auf einmal stutzt er. Scheinbar endet sein Weg am Strand. Als er genauer hinsieht, stellt er fest, dass der Weg durch das Meer führt.

Wie sollte er da sicher durch kommen? Wie weit ist es bis zum anderen Ufer? Konnte er soweit schwimmen? Was wäre, wenn die großen Wellen ihn überrollen würden oder die Strömung ihn fortreißen würde? Im Wasser würde auch sein gesamter Proviant nass und damit ungenießbar werden. Sorgen über Sorgen überkommen ihn.

Der Wanderer steht eine Weile grübelnd am Wasser. Er beobachtet die mächtigen Wellen, die sich am Strand brechen. Als er noch so da steht und nach einer Lösung sucht, sieht er eine weiße Gestalt auf dem Wasser. Der Wanderer erschrickt. Wer oder was ist das?

Er versucht genauer hinzusehen. Das Wesen trägt eine weiße Kapuze. Von weiten sieht es wie ein Gespenst aus. Die Nackenhaare des Wanderers stellen sich auf. Schnell kommt es näher. Der Wanderer sieht, dass es auf den Wellen geht. So etwas hatte er noch nie gesehen!

Wie angewurzelt steht er da und beobachtet das Wesen, das direkt auf ihn zu kommt.

Dann wird er angesprochen: „Fürchte dich nicht!“ Wie wohl bekannt war diese melodiöse, sanfte und doch alles durchdringende Stimme dem Wanderer! Er fällt wie tot zu Boden. Es ist der Schöpfer des Universums selbst, der ihm hier begegnet!

Sanft berührt eine Hand die Schulter des Wanderers. Als dieser aufblickt sieht er direkt in die freundlichen Augen seines Herren. Mit einem Lächeln fragt Jesus: „Hast du Lust auf ein kleines Abenteuer mit mir?“ Vor lauter Überwältigung seiner Sprache beraubt nickt der Wanderer. Er kann seinen Blick nicht von Jesus wenden. Er war hier, hier bei ihm, dem unwürdigsten aller Pilger! Und er lädt IHN ein, mit ihm ein Abenteuer zu bestehen. Der Wanderer steht, mit neuer Energie gestärkt, auf.

Jesus zeigt mit ausgestrecktem Arm auf das Meer mit seinen hohen Wellen. „Dein Weg führt durch dieses Meer. Heute ist es etwas stürmischer als üblich. Die Wellen sind deine Sorgen. Sie können sehr gefährlich werden und dich in die Tiefe hinabziehen. Aber keine Sorge! Ich bin an deiner Seite und möchte dich sicher auf die andere Seite des Meeres geleiten. Du hast gesehen, wie ich auf dem Wasser gelaufen bin. Das kannst du auch! Ich möchte dir die Kraft dazu geben. Du kannst auf deinen Sorgen gehen. Aber das kann dir nur gelingen, wenn dein Blick fest auf mich gerichtet ist. Ich werde dir voran gehen und den Weg geleiten. Du folgst mir einfach. Aber Achtung! Schaue nicht auf die Wellen! Sobald du den Blick von mir abwendest und auf die Wellen schaust, wirst du untergehen! Solange du auf mich schaust, wird das ein ganz normaler Spaziergang werden. Bist du bereit?“

Auf dem Wasser gehen

Jesus lächelt den Wanderer ermutigend zu und geht dabei ein paar Schritte auf das Meer hinaus. Jesus steht ruhig und gelassen auf dem Wasser, so als würde er auf festem Boden stehen. Die Wellen reißen ihn nicht in Tiefe. Dem Wanderer klopft das Herz bis zum Hals. Er sieht die mächtigen Wellen, die Jesus aber nichts anhaben können. Er sieht, wie entspannt Jesus auf dem Wasser steht. Jesus wirkt stark wie ein Fels in der Brandung. Seinen Blick fest auf Jesus gerichtet, aber mit klopfenden Herzen betritt der Wanderer das Meer. Doch anstatt in dem weichen Sand einzusinken hält das Wasser seinem Gewicht stand!

Es fühlt sich so an, als würde er auf festem Boden gehen. Gut, es schaukelt ein wenig, aber das Wasser lässt ihn nicht einsinken. Die ersten Schritte sind noch sehr unsicher und wackelig. Es kostet dem Wanderer alle seine Kraft nicht nach unten auf das Wasser zu schauen, sondern auf Jesus. Die Versuchung war unendlich groß, sich auf die Wellen zu konzentrieren. Doch da der Wanderer sehr unsicher ist, hält er seinen Blick fest auf Jesus gerichtet. Dieser lächelte ihm ermutigend zu. War da ein gewisser väterlicher Stolz und Freude in seinen Augen zu sehen? Es ist derselbe väterliche Stolz eines Vaters, wenn seinem Kind die ersten Schritte auf seinen wackeligen Beinen gelingen.

Im Laufe der Zeit gewöhnt sich der Wanderer etwas an seinen neuen Untergrund. Die Schritte werden etwas sicherer und schneller. Die beiden kommen gut voran.

Hochmut kommt vor dem Fall

Irgendwann hat sich der Wanderer an diese neue Situation gewöhnt. Hinter Jesus herlaufend wandern die beiden über das Wasser, so als würden sie eine Wanderung in den Bergen machen. Langsam realisiert er, was hier gerade geschieht! Er läuft auf dem Wasser! Er ist bei Jesus! Wenn ihn jetzt seine Freunde sehen könnten! So etwas hatten sie bestimmt noch nicht gesehen! Sie würden bestimmt Augen machen, wenn sie ihn so sehen könnten!

Noch während der Wanderer darüber nachdenkt, wie er diese Geschichte in den schillerndsten Farben erzählen könnte, wandert sein Blick langsam von Jesus weg auf das Wasser. Voller Stolz sieht er sich selbst festen Schrittes auf dem Wasser gehen. Doch dann schaut er sich um. Auf einmal fällt ihm auf, dass er nur von tobendem Wasser umgeben ist. Er kann nichts anderes als Wasser und Wellen sehen. Egal in welche Richtung er schaut, er kann kein Festland erkennen. Er ist inmitten einer tödlichen Wasserwüste gefangen!

Nackte Panik ergreift den Wanderer. Was hatte er sich nur dabei gedacht? Wie hatte er sich nur einbilden können, für diese Herausforderung bereit zu sein? Die Strömung konnte ihn kinderleicht in die Tiefe ziehen. Er sieht keinen Ausweg aus seiner Situation. Das feste Land konnte sonst wie weit entfernt sein. Er schaut auf die unruhige See und die mächtigen Wellen, die auf ihn zurollen. Es ist von gewaltigen Wassermassen umgeben. Wie kann er als kleiner, schwacher Mensch gegen sie bestehen? Sie würden ihn sicher in die Tiefe ziehen und ertränken.

Noch ehe er diesen Gedanken ganz zu Ende denken konnte, spürt er, wie er Realität wurde. Auf einmal fühlt er, wie sich seine Hose mit Wasser voll saugt. Ehe er sich versieht, steckt er bis zur Hüfte im Wasser und er sinkt immer weiter! Die Wellen wirken aus dieser Perspektive jetzt noch bedrohlicher. Gleich würden sie über ihn hereinbrechen und dann wäre es Aus mit ihm! Verzweifelt beginnt der Wanderer zu schwimmen. Mit all seiner Kraft versucht er über dem Wasser zu bleiben. Doch die See wird immer unruhiger. Wellen krachen schäumend über ihm zusammen. Immer häufiger wird der Wanderer unter Wasser gedrückt. Es kostet all seine Kraft sich stets wieder nach oben zu kämpfen.

Die Wellen schleudern ihn hin und her. Er ist den Gewalten des Wassers hilflos ausgeliefert. Lange versucht der Wanderer gegen die Wellen anzukämpfen. Doch seine Kräfte schwinden zusehends. Bald müsste er den Kampf aufgeben und zum Meeresboden hinabsinken.

Gab es denn gar keine Hilfe?

Wo war eigentlich Jesus die ganze Zeit? Hatte er ihn einfach im Stich gelassen? Hatte er ihn hieraus geführt, um ihn elendlich sterben zu lassen? Nein, das konnte nicht sein! Er erinnerte sich an Jesu liebevolles, warmherziges Lächeln. Da war keine Spur von bösen Hintergedanken bemerkbar gewesen. Er konnte nur reine Liebe und zartes Mitgefühl in Jesus erkennen.

Doch warum ließ Jesus ihn im Stich? Jetzt, wo er ihn doch am dringendsten bräuchte? Der Wanderer schaut sich um. Er sieht nur die tosenden Wellen um sich herum. Von Jesus war weit und breit keine Spur. Verzweiflung packt ihn. Wie konnte er nur für einen Moment seinen Blick von Jesus abwenden? Und hatte ihn Jesus nicht sogar gewarnt, dass er auf gar keinen Fall auf die Wellen schauen sollte? Wie töricht er doch gewesen war! Er war stolz auf seine „Leistung“. Er konnte auf dem Wasser gehen! Wenn er das seinen Freunden erzählt hätte, wären sie neidig auf sein Abenteuer geworden. Er hätte vor ihnen gut dagestanden.

Doch erst jetzt beginnt der Wanderer zu begreifen, dass Jesus ihn genau davor gewarnt hatte. Wer seinen Blick weg von Jesus wendet, verlässt sich auf seine eigene Kraft. Man ist auf etwas stolz, was man nur durch Gottes Hilfe erreichen konnte. Doch dies lenkt den Blick von Jesus weg auf sich selbst. Wenn der Blick auf sich selbst gerichtet ist, dann folgt als nächstes der Blick auf die Sorgen und Probleme. Man erkennt, wie hilflos man eigentlich ist. Auf einmal wirken die Sorgen und Probleme wie unüberwindbare Hindernisse. Sie brechen über einen herein wie große Wellen und wollen uns ertränken.

Dem Wanderer wird klar, dass nur Jesus ihn aus dieser Situation retten kann. Bis jetzt hatte ihn Jesus noch nie seinem hilflosen Schicksal überlassen. Er war sich sicher, dass er ihn auch jetzt nicht umkommen lassen würde! Dies war seine einzige Hoffnung an die er sich klammern konnte.

Das Tosen der Wellen ist laut. Doch der Wanderer sammelt all seine letzten Kräfte zusammen und ruft mit letzter Kraft: „Jesus, rette mich!“

Wie es weitergeht erfährst du hier! 🙂

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